Effizienz und Verschwendung in der Autowerbung

Effizienz und Verschwendung in der Autowerbung

Über 1,75 Milliarden Euro brutto haben allein die im NewCar Monitor von BrandControl erhobenen 26 Pkw-Marken 2008 in klassische Werbung investiert. Mit durchaus unterschiedlichem Erfolg. Manche Marken setzen ihren Werbe-Euro höchst effi zient ein und erreichen eine überdurch-schnittliche Werbebeachtung, andere investieren hohe Summen, bleiben aber unter dem ihrem Etat entsprechenden Erinnerungswert.

Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass eine Reihe von Marken mit reduzierten Budgets gleichartige Werbeerinnerungswerte erreichen würde, während bei anderen dargelegt wird, dass sie ihre Präsenz und somit Absatzchancen durch Steigerungen um einige Millionen Euro an Werbeinvestitionen deutlich erhöhen könnten.
Diese Anregungen wurden bisher vom Marketing wenig beachtet. Da nun die Controller mit den Budgetkürzungen das Zepter übernommen haben, wird auf diese Weise 2009 die Richtigkeit der BrandControlThesen dokumentiert werden. Allerdings muss man auch diese Gruppe warnen: Sinnlose Showaktionen, wie etwa das Fernbleiben von BMW, Volvo und Saab bei der AMI in Leipzig oder gar das Fehlen von Mitsubishi auf der IAA, stellen keine Lösung des Effi zienzproblems
dar. Die damit eingesparte runde Million Euro wird mit einem erheblichen Präsenzdefi zit erkauft, das durch den darauf basierenden reduzierten Abverkauf mehr kostet, als es spart. Allein die öffentliche Berichterstattung über die Marken auf der Messe ergibt Medienäquivalenzwerte, die deutlich über den Einsparungen liegen. 
Die Effizienzproblematik muss grundsätzlicher, d. h. in ganz anderen Größenordnungen, angegangen werden.


1. Werbekommunikation als Verkaufsvorbereitung ist unerlässlich

Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist ein offensives Marketing von entscheidender Bedeutung. Denn wenn eine Marke nicht mehr in der Werbung präsent ist, verschwindet sie auch schnell aus dem Gedächtnis der Konsumenten. Auf dem Automobilmarkt ist diese Entwicklung zwar weniger dramatisch als im schnelllebigen Konsumgütermarkt, da Konsumenten tendenziell eine höhere emotionale Bindung zu Automarken als zu anderen Marken aufweisen. Dennoch müssen auch Autohersteller diese Bindung aufrechterhalten – denn nur so wird auch zukünftig noch nachgefragt. Nach wie vor ist also die Werbekommunikation im PkwMarkt ein entscheidender Wachstums treiber. Neue Modelle müssen bekannt gemacht werden, die MarkenKonsumentenBeziehung muss gepfl egt werden – das alles funktioniert nur über ein gutes Marketing. So werden künftige Abverkäufe vorbereitet; denn dass Werbung allein kein Auto verkaufen kann, zeigen die vielen anderen relevanten Faktoren einer Kaufentscheidung auf:
Die Markensympathie: Sind Marke und Modell überhaupt sympathisch? Gefällt das Design?
Der Preis: Kann und will man diese Summe investieren?
Die Produktqualität: Wie schneidet das Modell in Tests ab?
Der Service: Wie kompetent wird das Auto gepfl egt und gewartet?
Das Händlernetz: Wie weit habe ich zum nächsten Händler?
Dies nur, um einige grundlegende Aspekte zu nennen. Bevor jedoch diese Gesichtspunkte zum Tragen kommen, muss der Konsument erst einmal wissen, dass dieses Modell neu oder in erneuerter Ausführung auf den Markt kommt. Diese Vorbereiterfunktion der Werbung ist also unersetzlich.


2. Werbeeffizienz ist das gebot der Stunde

Entsprechend viel Geld investieren Autohersteller in die Werbung. Insgesamt 1,75 Milliarden Euro haben die PkwHersteller in Deutschland im Jahr 2008 in Werbung investiert. Die durchschnittlichen Ausgaben liegen bei 67,44 Millionen Euro. Dabei reicht die Spannweite von 4,63 Millionen Euro von Daihatsu bis zum Spitzenreiter VW, der ganze 214,128 Millionen Euro in Werbung investiert hat.
Interessant ist nun die Frage, wie effi zient die teilweise enormen Summen eingesetzt wurden. Um die Effi zienz der Werbung zu beurteilen, muss zunächst eine Variable als Messgröße und Benchmark defi niert werden. Hier kommt in der Basisbetrachtung nur die gestützte Werbeerinnerung in Betracht. Wenn diese Variable auch nicht alleiniger Maßstab des Werbeerfolges sein kann, stellt sie doch den Basisparameter dar. Auch hier gilt der einfache Zusammenhang: Wer die Werbung überhaupt nicht bemerkt oder erinnert, kann Folgewirkungen wie Markensympathie und Kaufbereitschaft erst gar nicht produzieren. Die gestützte Werbeerinnerung wird in telefonischen Umfragen ermittelt. Diese Darstellung zieht die Ergebnisse des „New Car Monitors“ heran, einer kontinuierlichen Neuwagenkäuferstudie, bei der monatlich 700 potenzielle Neuwagenkäufer zwischen 20 und 64 Jahren befragt werden. Diese Zielgruppe ist auch allein zur Marktanteilsermittlung relevant, da die Gebrauchtwagenkäufer in die Marktanteilsberechnung nicht eingehen. 

Als Werbeeffizienz wird in dieser ersten einfachen Betrachtung der Quotient aus Werbespendings und AdAwareness betrachtet. Dieser Quotient gibt an, wie viel Euro pro Erinnerungspunkt – also pro Prozentpunkt an Werbeerinnerung – investiert wurden.
Um einen geeigneten Vergleich herzustellen, müssen die einzelnen PkwHersteller zunächst nach der Höhe ihrer Spendings klassifi ziert werden. Es wäre wenig sinnvoll, einen kleinvolumigen Anwender mit einem Big Spender zu vergleichen. Die Klassifi zierung nach Spendings aber erlaubt innerhalb der Investitionsklassen eine sinnvolle Benchmarkbetrachtung.
Tabelle 1 zeigt, dass die durchschnittlichen Werbespendings 2008 im Vergleich zum Vorjahr mit einem Volumen von 67,44 Millionen Euro auf konstantem Niveau liegen. Entsprechend ist auch die durchschnittliche Werbeerinnerung von jeweils 45 Prozent gleich geblieben. Die Autohersteller haben aber trotz konstanter Budgets im Jahr 2008 durchschnittlich effi zienter geworben als 2007: Pro Werbeerinnerungspunkt mussten 2008 im Durchschnitt 237 000 Euro weniger investiert werden als noch im Vorjahr.
Über alle Investitionsklassen hinweg hat Daihatsu 2008 am effi zientesten geworben. Obwohl die Japaner im vergangenen Jahr 70 Prozent weniger in Werbung investiert haben als 2007 und nun nur noch 4,63 Millionen Euro ausgaben, sank die WerbeAwareness nur um zwei Prozentpunkte auf 16 Prozent. Pro Erinnerungspunkt hat Daihatsu rund 290 000 Euro ausgegeben. Das sind 512 000 Euro weniger als 2007.
Die ungünstigste Entwicklung der Werbeeffi zienz zeigte sich letztes Jahr bei Lancia. Der italienische Autobauer hat seine Werbeausgaben zwar auf 9,34 Millionen Euro im Vergleich zu 2007 vervierfacht. Allerdings machte sich diese Mehrinvestition lediglich in einem Werbeerinnerungspunkt mehr – also in einem Anstieg von 15 Prozent Werbeerinnerung auf 16 Prozent – bemerkbar. Damit musste Lancia 2008 rund 430 000 Euro mehr pro Werbeerinnerungspunkt investieren. Eine Detailanalyse, warum Daihatsu mit nur halb so hohen Werbeaufwendungen wie Lancia den gleichen Wert an AdAwareness erzielt, könnte eindeutige Stärken und Schwächen der jeweiligen Werbekonzepte aufdecken.
Unter den deutschen Autoherstellern (ohne die vermeintlich „deutschen“ Marken Opel und Ford zu berücksichtigen) avanciert BMW zum Dauersieger in puncto Werbeeffi zienz. Für 70 Prozent Werbeerinnerung musste BMW 2008 knapp 80 Millionen Euro investieren. Zum Vergleich: Audi investierte 40 Prozent mehr in Werbung und erreicht die gleiche Werbeerinnerung wie der Konkurrent BMW. Dieser Vergleich verschärft sich nur noch, wenn man bedenkt, dass Audi im letzten Jahr die Werbeausgaben um rund 14 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr erhöht hat. Diese Mehrinvestition verpufft allerdings völlig, denn die Werbeerinnerung sank sogar um einen Prozentpunkt. BWM dagegen hielt das Werbebudget konstant und büßte ebenfalls nur einen Prozentpunkt an Werbeerinnerung ein. Bei BMW macht sich also die stringente Markenpolitik bemerkbar, mit der die Münchner die KostenNutzenRelation im Werbebereich Jahr für Jahr verbessern konnten. Etwas besser als BMW schneiden Mercedes und VW in der Werbeerinnerung der deutschen Autohersteller ab. Allerdings konnten sie diesen geringen Vorsprung nur durch einen erheblichen Mehraufwand erreichen. Mit 146,8 Millionen Euro (Mercedes) und 214,1 Millionen Euro (VW) liegen diese Etats deutlich über dem von BMW mit rund 80 Millionen Euro.
Besonders die Werte von Mercedes und VW im Vergleich zu BMW werfen Fragen auf. Sind die sieben Prozentpunkte mehr an Werbeerinnerung von Mercedes wirklich Mehrinvestitionen von rund 68 Millionen Euro wert? Und warum zahlt VW sogar knapp 135 Millionen Euro mehr für Werbung als BMW und liegt gerade einmal um acht Prozentpunkte an Werbeerinnerung höher?




Werbe-Euros effizient einsetzen

Zumindest eine mathematisch-modellhafte Antwort gibt die Tabelle links. In ihr ist die durch die gegebenen Werte an Werbeerinnerung einerseits und Werbeinvestitionen andererseits definierte logarithmische Trendlinie eingetragen.
Zu sehen ist, dass in dem Wertebereich bis 40 Millionen Euro Werbeinvestitionen die Kurve deutlich ansteigt. Das bedeutet, dass hier jeder Werbe-Euro deutlich mehr an Werbeerinnerung bringt. Beispielhaft ist hier einmal eingezeichnet, dass eine Marke, die ihren Werbeetat von 20 Millionen Euro auf 30 Millionen Euro erhöht, ihre durchschnittliche Werbeerinnerung von 31 Prozent auf 38 Prozent steigern kann. Danach verläuft die Kurve deutlich flacher, was bedeutet, dass jeder weitere Werbeerinnerungspunkt mit erheblichem finanziellem Mehraufwand verbunden ist. So bringt die gleiche Erhöhung um zehn Millionen im Bereich von 120 Millionen Euro auf 130 Millionen Euro gerade noch einmal einen Anstieg von einem Prozentpunkt: von 63 Prozent auf 64 Prozent.
Natürlich kann man das mathematische Modell nicht eins zu eins auf die Realität übertragen, aber es ist unstreitig, dass ein Zuwachs an Werbeerinnerung in den hohen Budgetgrößen unverhältnismäßig teuer bezahlt werden muss. Hier muss sich nicht nur jeder Marketingverantwortliche eines Automobilkonzerns, sondern auch jeder Controller kritisch fragen, ob sich zusätzliche Investitionen bei gleichbleibender oder nur geringfügig steigender Werbepräsenz in Abverkäufen gegenrechnen.
Einen Lösungsansatz für die Erhöhung der Werbeeffizienz stellt die genaue Analyse des Mediaplans dar. Untersucht man die Werbe-Awareness pro Medium, kann beispielsweise der Einsatz kostspieliger, aber wenig effizienter Medien gekürzt werden und der Einsatz effizienter und günstiger Medien erhöht werden. Auf diese Weise kann mit gleichem Einsatz an finanziellen Mitteln eine höhere Werbe-Awareness und somit auch eine höhere Werbeeffizienz erreicht werden. Interessant sind in solchen Fällen Benchmark-Analysen mit effizienteren Wettbewerbern. Diese Analysen beinhalten nicht nur Werbeinvestitionen und Werbeaufwendungen, sondern auch Abverkäufe und sonstige markenspezifische Aufwendungen. In einer Art Deckungsbeitragsrechnung lassen sich solche Effizienzanalysen auch gut auf der Modellebene durchführen. Die jedes Jahr neu festzustellenden, erheblichen Effizienzunterschiede im Pkw-Markt lassen jedenfalls den Schluss zu, dass entsprechende Effizienzanalysen nicht ausreichend und schon gar nicht zielführend angestellt werden. Hier liegen dann aber tatsächlich signifikante Gewinnmaximierungspotenziale, die deutlich höher liegen als jene der öffentlichkeitswirksamen Showaktionen.

Autorin(nen) / Autor(en):
Geschäftsführer BrandControl GmbH
BrandControl GmbH