Haptik: Material & Trends als Medium für erfolgreiche Markenkommunikation

Haptik: Material & Trends als Medium für erfolgreiche Markenkommunikation

Spricht man heute über Trends, so liegt dieses Wort gewissermaßen etwas zäh im Mund. Durch den hochfrequentierten Einsatz und das stetige Bemühen dieses Terminus ist dieser in den letzten Jahren stark überdehnt, ja abgenützt worden. Das Wort Trend wird heutzutage mit kurzfristigen Moden vor allem in der Popkultur und für jüngere Zielgruppen in Verbindung gebracht.

Das heute so viel genutzte Wort ist aus dem Englischen to trend: streben, tendieren, erwachsen. Und dies ist durchaus sinnig. Denn Trend bedeutet Bewegung. Das Phänomen definiert einen fortlaufenden Wandlungsprozess aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen. So findet man Trends nicht nur in der Konsumwelt, sondern auch in der Gesellschaft, der Wirtschaft und selbst der Politik. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Formen und Intensitäten: Ob kurzfristiges Aufflackern von Modetrends oder tiefgreifende, langfristige Megatrends – sie alle basieren auf und stehen für Bewegung; und mehr noch: Sie bewegen sich oftmals gegenseitig. So hat der technologische Trend zum DataMining als Konsequenz den Trend zur Politisierung ebendieses aufgrund von Missbrauch. Die meisten Trends haben einen direkten Gegentrend als Antagonisten, denn ohne Gegenbewegung würde ein Trend auf Dauer zur gängigen Gegebenheit, also in sich nicht mehr existent. So wird eine Strömung ja auch erst zum faktisch sinnlichen Erlebnis, sobald man die Reibung der Gegenströmung spürt. Als Beispiele seien hier nur der Trend zur ewigen Jugend und das gleichzeitige Zelebrieren des Alters genannt. Beide Strömungen basieren auf dem Megatrend des demografischen Wandels, der langfristigen Tatsache, dass die Bevölkerung in den meisten Schwellen- und Industrienationen zusehends überaltert. Diese „Verknappung“ der Jugend hebt diese auf einen Level erhöhter Begehrlichkeit. Zudem ist es dank ständig verbesserter medizinischer Versorgung und Ernährungsstandards möglich, das Altern zunehmend hinauszuzögern und länger allgemein leistungsfähig zu bleiben. Jugend und Leistung sind von hohem Wert. Doch gleichzeitig wächst aus eben dem gleichen Nährboden der gesellschaftlichen Überalterung eine Bewegung hin zum Wertschätzen und öffentlichen Feiern des Alters: Menschen in Würde gealtert und mit einem individuellen Stil, der sich nicht den klassischen Altersregeln und Konventionen unterordnet, werden zunehmend auf Laufstegen, in der Werbung und in einschlägigen Hochglanzmagazinen abgebildet. Und der Slogan „40 ist das neue 20“ wird zum Leitsatz einer ganzen Generation der letzten geburtenstarken Jahrgänge. Diese Beispiele zeigen, wie komplex und vielschichtig die Welt hinter dem schnöden Begriff Trend doch ist. Und mehr noch: Das Wissen um diese Bewegungen und Strömungen birgt Wissen um zukünftige Veränderungen und mögliche Richtungswechsel in den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens und damit wichtige Information zur Markt- und Markensteuerung.
Durch das sinnvolle Verknüpfen von Trends, Zielgruppe und Marke ist so eine Aufwertung ebendieser möglich. Um sie dauerhaft stabil und zeitgemäß und letztendlich auch erfolgreich zu halten, müssen sich Marken dem Markt anpassen. Ohne ihre ureigene Identität zu verleugnen, müssen Marken mit den individuellen Bedürfnissen der Gesellschaft wachsen und auf sie ihrer eigenen Art entsprechend reagieren. So werden Marken langfristig geformt, ohne ihre Identität zu verlieren.
Doch was bedeutet dies alles für die Produktentwicklung? Wie müssen Produkte gestaltet sein, um vom Konsumenten richtig und ehrlich, wahrhaftig wahrgenommen zu werden?

Auch die Realität der Umwelt ist es, die uns tagtäglich beeinflusst und so verändern Strömungen der Trends auch, was und wie wir wahrnehmen.

Wahrnehmung ist gemeinhin definiert als „... der Prozess und das Ergebnis der Informationsgewinnung und -verarbeitung von Reizen aus der Umwelt (…) eines Lebewesens durch das unbewusste und/oder bewusste Filtern und Zusammenführen von Teil-Informationen zu subjektiv sinnvollen Gesamteindrücken“ (Quelle: Wikipedia, Wahrnehmung).
Es handelt sich also ganz einfach formuliert um das bewusste und/oder unbewusste Aufnehmen und Verarbeiten von verschiedenen Reizen zu einer individuell geprägten Gesamtinformation über unsere Umwelt. Der ausschlaggebende Punkt hierbei ist die Individualität, die Subjektivität von Wahrnehmung als solcher. Wir nehmen wahr, wie wir geprägt wurden, wie wir gelernt haben. Neben rein biologischen Aspekten wie Alter und Geschlecht spielen so auch kulturelle und soziale Faktoren eine Rolle. Es geht um die individuelle Erfahrung, letztendlich auch in Bezug auf Produkte und Marken. Diese messbar und bewertbar zu machen, ist ein Schlüssel für zielgruppenorientierte und nachhaltige Produktentwicklung. So ermöglicht beispielsweise die strategische Design Consulting Agentur designaffairs GmbH ihren Kunden mit einem eigens entwickelten Tool das Messen der ganzheitlichen Wahrnehmung von Produkten. Mit ihrer HUX (Holistic User Experience) schaffen die Kreativen für ihre Kunden eine valide evaluierbare Basis aus hochindividuellen und teils unbewussten Werten.
Doch auch die Realität der Umwelt ist es, die uns tagtäglich beeinflusst und so verändern Strömungen der Trends auch, was und wie wir wahrnehmen.
Die rasant voranschreitende technologische Entwicklung machte es in den letzten Jahren möglich, zu einer Informationsgesellschaft mit dominant visuellem Fokus zu wachsen. Wir sind zu visuellen Wesen geworden, entwickelten Produkte, welche mehrheitlich über diesen einen Sinneskanal reizvoll erfasst werden können und bewerteten und verarbeiteten unsere Umgebung so automatisch mehr und mehr hinsichtlich der visuellen Reize. Diese Reize und die dahinterliegenden technischen Möglichkeiten nahmen immer mehr zu – bis wir in einer Phase der allgemeinen visuellen Überlastung und der Erkenntnis darüber angelangten. Reizüberflutung wird gerade im urbanen Raum zu einem immer dominanteren Problem. Die Metropolen visuell zu säubern, ist neben der Reduktion von Feinstaub und Lärm ein Thema von steigender Wichtigkeit.
Hierbei geht es jedoch nicht um das Auslöschen jeglicher visueller Reize, die wir für unsere Wahrnehmung benötigen. Doch gilt es zum einen, das richtige Maß zu finden und visuellen „Müll“ zu vermeiden. Zum anderen geht es darum, nach einer Zeit der Zurückhaltung die anderen vier Sinne neu zu beleben und zu fordern. Daraus erwächst ein wichtiger Trend: Eine neue Sinnlichkeit verführt uns, Produkte wieder taktil zu erfahren. Wir wollen uns nicht nur an der äußeren Form laben, sondern die unterschiedliche Materialität fühlen, Unterschiede in Oberflächenstruktur und Temperatur spüren und uns ein ganzheitlicheres Bild von unserer Umwelt machen. Denn jeder Sinn, der zusätzlich angesprochen wird, trägt zur dauerhaften Verankerung des Erfassten bei und bewirkt so auch eine langfristige Speicherung der wahrgenommenen Information über Produkt und Marke. Gefühlte Wertigkeit, welche eine rein visuell wahrgenommene Wertigkeit ergänzt und unterstützt, gibt uns im wahrsten Sinne des Wortes letztendlich ein „voll-wertiges“ Bild. Genau das ist es, was heutzutage gute Produkte ausmacht: Eine ganzheitliche und strategisch stimmige Gestaltung, welche auf die bewussten und unbewussten Bedürfnisse der Konsumenten eingeht.

 

Autorin(nen) / Autor(en):
Spezialistin anthropologisches und soziokulturelles Design Research