Zielgruppen von Menschen für Menschen

Zielgruppen von Menschen für Menschen

Produkte werden austauschbarer, Zielgruppen heterogener. Kunden gewöhnen sich an eine immer schnellere und genauere Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Eine desolate Entwicklung für Marketing und Vertrieb? Fehlstreuung und falsche Zielgruppenansprache kann sich heute kein Unternehmen mehr erlauben. Vielfältiges und objektives Wissen über Zielgruppen, Interessenten und Kunden ist für Unternehmen mehr denn je von existenzieller Bedeutung.

Trotz Konsum-, Daten- und Strukturwandel geht es immer noch um die gleichen Fragen wie: Wer ist meine Zielgruppe? Wo sitzt diese? Wo macht Werbung Sinn? Wo besteht die höchste Nachfrage für das Produkt? Welcher Preis ist der richtige, oder wo kann ich wie viel verlangen?
Schlüssel zu den Antworten bieten die jeweils richtigen Informationen sowie der Ansatz, die vermehrte Datenvielfalt und -flut in den Griff zu bekommen. Das Wissen über Kunden und Zielgruppen wird damit mehr und mehr zur Wissenschaft. Mit intelligenten Systematiken muss erkannt werden, welches die richtigen Merkmale sind, die die Menschen und deren Verhalten präzise beschreiben oder gar vorhersagen können. All das wird noch zusätzlich gespeist mit den Informationen aus digitalen Zahlungssystemen, Social Networking und Bewegungsdaten per GPS. Das Angebot an Daten zur näheren Beschreibung von Zielgruppen, Absatzmärkten und Vertriebsgebieten steigt – wie durch Big Data allseits bekannt – rasant an. Mithilfe unterschiedlichster Marktinformationen müssen am Ende des Tages die verschiedensten und marktrelevantesten Fragen beantwortet werden. Fragt sich nur, welches die richtigen Informationen für welches Bedürfnis sind. Denn Merkmale zur Analyse von Kunden und Zielgruppen gibt es wie Sand am Meer.
Eine Besonderheit in der Profilbildung von Zielgruppen bietet heute insbesondere die Verknüpfung von Marketing mit geografischen Phänomenen, also die Betrachtung des Markts unter räumlichen Aspekten. Damit können sämtliche Daten auf ihre regionale Lage referenziert werden und die Merkmale lassen sich auch entsprechend aufs Umfeld übertragen. Der Vorteil: Unternehmenseigene Daten können mit mikrogeografischen Marktinformationen objektiviert und verfeinert werden. Homogene Profile lassen sich so z.B. auch von Hamburg auf München übertragen. So ergibt sich ein rundes Bild über Gewohnheiten und Vorlieben der Konsumenten in einem Marktgebiet. Zusammenhänge werden klar, die man im Vorfeld so vielleicht gar nicht vermutet hätte. Apropos Vermutung: Viele Entscheidungen in puncto Zielgruppe werden heute immer noch aus dem Bauch heraus getroffen. Der Schmerz setzt allerdings dann ein, wenn das CRM für die Marketing- und Vertriebsmaßnahmen nicht auf fundierten Grundlagen und einer entsprechenden Datenbasis aufsetzt. Wahlausgänge werden heute im Vorfeld auf Basis statistischer Erhebungen deutschlandweit prognostiziert, warum dann nicht auch das Kaufverhalten einzelner Zielgruppen? Das Errechnen von Wahrscheinlichkeiten und Prognosen ist durch fundierte Analyseverfahren und Systeme mittlerweile zum Standard im Marketing geworden. Ganz nach dem Motto „Maschinen machen Marketing“.

Einsatz von Geoprofilen

Mit dem Einsatz von Geoprofilen wird z.B. für jede verfügbare Variable und jede Ausprägung genau angezeigt, inwieweit sich die Kunden vom bundesdeutschen Durchschnitt unterscheiden. Die Daten liefern Informationen darüber, welche Variablen für die Berechnung eines Scores herangezogen werden können. So zeichneten sich z.B. die Kunden eines niederländischen Ferienressortsanbieters insbesondere dadurch aus, dass sie größtenteils in NRW und im Einzugsbereich von Ballungszentren, in Reihenhäusern und in Gemeinden mit überdurchschnittlicher Kaufkraft leben. Die räumliche Verteilung der Datensätze zeigt weiter, dass ca. 80 Prozent der Bestandskunden nicht weiter als 350 Kilometer vom Urlaubsort entfernt wohnen. Deshalb konnte sich die Analyse anschließend auf diesen geografischen Raum konzentrieren, da faktisch dort das größte Potenzial an neuen Kunden zu erwarten war. Um eine Analyse aber so präzise wie möglich zu gestalten, muss eine repräsentative Auswahl an Merkmalen in die Untersuchung mit einbezogen werden.
Dazu gehören soziodemografische Daten in Form von Geschlecht, Alter, Familienstand, Haushaltsgröße, soziale Schicht, Anzahl der Kinder ... Regionale Merkmale wie Postleitzahl, Postleitregion, Bundesland, Einwohnerzahl, urban oder ländlich ... Haus- und Wohnumfeld mit Angaben zu Gebäudetyp, Gartengröße, Wohnlage, Ortslage, Baujahr des Hauses, Garage, Hausumrisse ... Konsumdaten wie Merkmale mit Hinweisen zum Kauf von Damen- und Herrenmode, Urlaubsreisen, Freizeit und Sport, Haus und Heim, Kinder und Spielzeug, Technik, Wellness ... um nur einige von 400 Marktinformationen, die z.B. das Unternehmen infas geodaten im Portfolio hat, zu nennen.

Jedes Bedürfnis und jedes Produkt bedarf noch der intelligenten Betrachtung von Mensch mittels Maschine und nicht umgekehrt.

Der Clou: Ein auf die unterschiedlichsten Merkmale aufgesetztes Regressionsmodell bietet Analytikern die Möglichkeit, Interferenzen zwischen einzelnen Merkmalen zu erkennen und eine genaue Aussage über die Stärke des Zusammenhangs einzelner Merkmale zu treffen. Und das bei Merkmalen, die auf den ersten Blick keinerlei Zusammenhang erwarten lassen. Also eher nach dem Prinzip: „Menschen machen Marketing.“ Am aufgezeigten Beispiel hätte man alleine auf Grundlage des Geoprofils lediglich eine einfache/univariate Aussage (Scorekarte) erstellen können und Zusammenhänge damit lediglich vermutet. Das hätte zwangsläufig Fehleinschätzungen zugelassen wie z.B. die Annahme, dass die Kaufkraft der Gemeinden für die Bestimmung von potenziellen Kunden von großer Bedeutung ist. Letztendlich auch nicht mehr als ein Bauchgefühl.
Mithilfe verschiedenster Variablen lassen sich die Zusammenhänge aber wesentlich besser beschreiben und die Effektstärke wird deutlich sichtbar. Unterstützt durch das Regressionsmodell, konnte insbesondere festgestellt werden, dass eben genau dieses Merkmal keinen Erklärungsgehalt besitzt, wenn man es zusammen mit Merkmalen wie Gebäudetyp und -baujahr sowie der Lifestyle- und Kaufinformationen in Relation setzt. Somit ergab erst ein Modell aus zwölf trennscharfen und statistisch aufeinander abgepassten Variablen ein aussagekräftiges Ergebnis über die tatsächliche Zielgruppe des Ferienressortsanbieters (u.a. basierend auf Informationen zum Gebäudetyp, Baujahr des Hauses, Familienstruktur der Bewohner und Affinitäten für Urlaubsreisen, Fitness und private Krankenversicherung ...). Jedes Bedürfnis und jedes Produkt bedarf somit doch der intelligenten Betrachtung von Mensch mittels Maschine und nicht umgekehrt. Was so viel heißen könnte wie: „Wir leben zwar in einer schnelllebigen digitalen Welt, in der aber letztendlich Zielgruppen noch von Menschen für Menschen gemacht werden.“