Jump & Run mit dem schlauen Det

Jump & Run mit dem schlauen Det

Mit der Mainzelmännchen-App gelingt es dem ZDF, den Kultklassiker aller Werbetrenner in die digitale Welt zu transportieren – und dort genauso erfolgreich für Marketing und Markenbekanntheit einzusetzen.

Weiße Mütze, kluge Ideen, manchmal vielleicht etwas besserwisserisch, aber ganz ohne Zweifel der Kopf der Bande. Wer das ist, wissen Sie schon? Richtig, der schlaue Det. Zusammen mit Anton, Berti, Conni, Edi und Fritzchen vermutlich das beliebteste Testimonial eines deutschen Fernsehsenders seit der Erfindung des Farbfernsehens. Und nein, dieser Text ist keine Reminiszenz an die 70er Jahre. Denn Det und seine Freunde sind nicht in der Mottenkiste des TV-Fundus verschwunden – sie feiern heute im Zeitalter von Smartphone, Facebook und Second Screen fröhlichere Urständ‘ denn je.
Spielerisch zum Werbeblock hinführen – in dieser Funktion sind die kleinen Mützenträger dem Fernsehpublikum seit Jahrzehnten quer durch alle Altersklassen bekannt. „Sie erzeugen keine Reaktanz und sorgen für einen harmonischen Übergang zur Werbung, die bei uns als öffentlich-rechtlicher Sender ja nur bis 20 Uhr stattfinden darf“, sagt Hans-Joachim Strauch, Geschäftsführer der ZDF Werbefernsehen GmbH, Mainz. Fakt ist: Die Mainzelmännchen- Inserts werden im Zeitgeist kreiert, finden Anschluss an die sich stetig verändernde Kreation der TV-Commercials.
Dass Det und Co. im Zeitalter der digitalen Medien neben ihrem Hauptjob als Werbetrenner nun auch als digitale Smartphone-App für Furore sorgen, haben den Lerchenbergern vermutlich die wenigsten zugetraut. Auf Höhe der Zeit agieren heißt jedoch dort die Devise. Rückwärtsgewandtes Denken hat beim „Zweiten“ keine Chance: „Traffic bei den entscheidenden Personen generieren“, so lautet anno 2013 – man höre und staune – das strategische Ziel des einst für sein älteres Publikum belächelten Senders.
Somit wird klar, dass die spielerische Applikation doch einen harten strategischen Kern besitzt, der sich sowohl bei der Ansprache von Entscheiderzielgruppen als auch in der Zuschaueransprache verwerten lässt. „Mit der App möchten wir vor allem auch die Baby Boomer in den Entscheiderpositionen erreichen“, erläutert Werbechef Strauch. Eingebunden wurde die digitale Mainzel-Welt bereits in eine Anzeigenkampagne zu Weihnachten und eine Testimonialkampagne zur Förderung der Markenbekanntheit.
Sechs Levels mit ansteigenden Schwierigkeitsstufen hat der Sender für die kostenlose App im hauseigenen Mainzelmännchen-Corporate Design gestaltet – sie spielen im Dschungel, auf eisigen Gletschern oder im Wilden Westen. Vieles erinnert an Spiele wie ‚Super Mario‘, sozusagen dem Urvater der Jump & Run-Spiele, denn es müssen nicht nur Münzen eingesammelt, sondern alle Level in einer gewissen Zeit erledigt werden. Zwischendurch stellen sich Gegner wie Skorpione, Fische oder Spinnen in den Weg, die sich in Luft auflösen, wenn man ihnen auf den Kopf springt. Eine Spielewelt zum Eintauchen – Suchtfaktor inklusive.
„In drei Sekunden eine Story erzählen, dieses Prinzip verfolgen wir auch bei der Mainzelmännchen-App“, erläutert Strauch. Jeder Figur ist ein eigener Hintergrund vorgeschrieben – so können schrille Kakophonien, die nicht das Wahrnehmungsbild des Senders transportieren, schon von vornherein vermieden werden. Nach zwei kleineren Spiele-Apps für das iPhone sind jetzt auch die ersten Versionen für das iPad erhältlich, eine weitere für Android-Handys lässt sich kostenlos im Google Play Store herunter laden. Viele tausend Benutzer lassen inzwischen bereits den „schlauen Det“ über den Touchscreen ihres Smartphones oder Tablets hopsen. In den Download-Hitlisten für Apps hat sich das Spiel mittlerweile in den „Top Five“ eingerichtet.
Dass die Grafiken detailverliebt sind, originale Fernsehsounds verwendet und eine Facebook-Anbindung integriert wurde, geht auch auf das Konto der findigen Softwareentwickler der Erfurter Firma Plazz Entertainment. Mit der Idee, die Mainzelmännchen auf dem Handy Abenteuer erleben zu lassen, traten die IT-Experten 2010 an das „Zweite“ heran. Es entstand eine für beide Seiten förderliche Zusammenarbeit. „Offenbar sprechen die Mainzelmännchen bei vielen Menschen positive Erinnerungen an“, vermutet Produzent Andreas Liebal. „Einige empfinden unser Produkt sogar als würdigen Nachruf auf den Schöpfer der Mainzelmännchen, den Zeichner Wolf Gerlach.“ Liebal und seine Entwickler eint bei der Weiterentwicklung der Mainzel-Markenbotschafter jedenfalls ein gemeinsames Ziel: Die Handschrift vom ‚Vater‘ der Mainzelmännchen sollte stets erkennbar bleiben.

FÜNFZIG JAHRE MAINZELMÄNNCHEN
Die Mainzelmännchen wirbeln seit der ersten Werbesendung am2. April 1963durch das Programm des ZDF. Aufgrund der staatsvertraglichenVerpichtung zur Trennung von Werbung und Programmist dort jeder Werbeblock durch einen Anfangs- bzw. Ende-Mainzelmännchenspot eingerahmt. Seit den Anfängen wurden etwa 45.000 Mainzelmännchen- Filme produziert (jährlich ca. 850 Inserts). Vater der Mainzelmännchen istWolf Gerlach(† 12.11.2012). Der gelernte Theatermaler, der zunächst als Bühnenbildner und dann als Graker und Filmarchitekt arbeitete, entwickelte sie in Anlehnung an die Heinzelmännchen. Zunächst wurden die Mainzelmännchen inschwarz-weißübertragen – mit Einführung desFarbfernsehens 1967erschienen auch die lustigen Männchen farbenfroh auf der Mattscheibe. Seit 1990wurden die Figuren über die Jahre immer wieder überarbeitet und moderner und individueller gestaltet. 2003erfolgte der dritte Relaunch und seitdem werden die Mainzelmännchen-Figuren stetig angepasst. Dem Zeitgeist entsprechend sind die Mainzelmännchen frischer, tter und schlanker. Eine moderne Mainzelmännchenwelt ist entstanden, mit dramaturgisch neu ausgerichteten Stories, neuen Gags und zeitgemäßen Requisiten. Die positive Wirkung der kleinen Gesellen innerhalb eines Werbeblocks wird durch Forsa-Studien belegt: Die positive Einstellung gegenüber den Mainzelmännchen erhöht die Akzeptanz des gesamten Werbeblocks. So verbessern Det & Co. nicht nur die Spoterinnerung: Durch die Mainzelmännchen-Trenner ist quasi jeder Spot eckplatziert. Im Werbemarkt dürfen sie mit Fug und Recht als einzige positiv besetzte Figuren gelten – und leisten durch ihre Bekanntheit und Beliebtheit einen vorteilhaften Image-Transfer zugunsten der beim ZDF beworbenen Produkte. Bei den ZDF-Werbeblöcken wird nämlich kaum weggezappt: Knapp vier Fünftel der Werbefernsehen-Zuschauer bleiben vom ersten bis zum letzten Spot dabei.


GUD’N AAAAABEND
und das typische Lachen seiner Mainzelmännchen haben Wolf Gerlach berühmt gemacht. Seine liebenswerten kleinen Schelme werden in diesem Jahr 50 Jahre alt.  
STUDIE: WIRKENDE WICHTEL
Das ZDF Werbefernsehen hat anlässlich seiner Jahrespräsen tation 2013 eine neue Studie zur Werbewirkung der Mainzelmännchen vorgestellt, die an die Analyse von 2005 anknüpft. Mit der Datenerhebung wurde das Hamburger Marktforschungsinstitut Rich Harvest betraut, ein Tochterunternehmen der Mindline Group. Unter Federführung von Studienleiter Marco Haine wurden diverse Befragungen, Experimente und Gruppendiskussionen mit Fernsehzuschauern durchgeführt. Unter anderem wurden Testpersonen gebeten, sich einen Werbeblock in den ZDF-Sendungen „Die Rosenheim- Cops“ und „Forsthaus Falkenau“ anzuschauen. Bei beiden Sendungen wurde der Werbeblock einmal mit und einmal ohne Mainzelmännchen gezeigt. Gleichzeitig konnten die Zuschauer per Mausrad-Bewegung ihre spontane Reaktion auf die Werbespots ausdrücken. Das Ergebnis: Die Werbeblöcke mit den Mainzelmännchen aktivieren die Zuschauer ungleich stärker als jene ohne Mainzelmännchen. Zur Frage der Aufmerksamkeit während der Werbung wurde ein Experiment durchgeführt. Je 25 Personen, die in ihrer Wohnung eine Sendung im ZDF und bei Sat 1 sahen, wurden dabei automatisch gelmt. Auch hier zeigte sich, wie die Mainzelmännchen ihre Wirkung entfalten: Bei der Werbung auf Sat 1 ließ die Aufmerksamkeit während der Werbeblöcke deutlich stärker nach.