Kundenzugang im Verkauf

Kundenzugang im Verkauf

Es nützt wenig, die angestrebten Kunden sorgfältig zu selektionieren, die Einsätze des Verkaufs bei Kunden optimal zu planen und gute Themen für sie bereit zu haben. Zuerst ist entscheidend, bei Kunden die richtigen Personen mit genügend Zeit zu gewinnen und nicht lange darauf warten zu müssen.

Der Trend ist eindeutig. Viele Kunden begrenzen die Zahl und Zeit der Begegnungen mit Verkäufern. Sie bleiben unabhängig, indem sie sich vermehrt im Internet informieren. Viele Themen oder Veränderungen im Einkauf schieben sie einfach zur Seite. Überlastung und Hektik sind die Ursachen, aber ebenso die vielfach erlebte, ungenügende Effi zienz in bisherigen Verkaufsgesprächen. Es gibt keine einfache Lösung, um dieser Entwicklung zu begegnen. Es gilt, für den besseren Zugang zum Kunden zu kämpfen.

Gesprächsanlass für die richtigen Personen

Wie gelingt es, die richtigen Personen bei Kunden zu erreichen? Folgende Aspekte spielen dabei eine Rolle:

  • Angestrebte Zielpersonen bei Kunden ernst nehmen: Zuerst gilt es, die Zielpersonen beim Kunden zu identifi zieren. Dann folgt, die Aufgabe zu bestimmen, was die angestrebten Manager, Einkäufer oder Techniker interessiert und welche Beiträge das eigene Unternehmen und Verkäufer oder Spezialisten dazu beitragen können. Angestrebt werden häufig neue Entscheider und Beeinfl usser sowie Vorgesetzte der bisherigen Kontaktpersonen. Gut sind Vorschläge, welche die Beteiligten bei ihren Projekten, Zielen und Aufgaben weiterbringen und damit das bereits Angestrebte verstärken. Grundsätzlich gilt es, die Aussicht des Kunden auf ein ergiebiges Treffen in kürzester Form zu vermitteln. Nach Petersen und Riesterer (2011, S. 9ff.) ist es entscheidend, dass die Angesprochenen ihren Status quo überwinden wollen. Sie empfehlen bedeutende Veränderungen in der Kundenbranche als Bezug zu wählen, die Schmerzen des Kunden aufzugreifen, den Impact von Problemen und Lösungen zu dramatisieren, die bestehende Situation mit einer neuen Lösung zu kontrastieren oder den möglichen Erfolg mit Unternehmensbeispielen zu belegen. Offensichtlich soll der angestrebte Kunde herausgefordert werden. Diese Hinweise prägen dann auch das anspruchsvolle Gespräch selbst.

Wichtig sind übrigens auch Assistenten und Mitarbeitende der angestrebten Personen. Sie versuchen ihren Chefs oft den „Rücken frei zu halten“ und abzuwimmeln scheint ihre eigentliche Leistung zu sein. Auch ihre Interessen sind deshalb zu beachten, damit Verkäufer nicht bereits im Vorzimmer scheitern.

  • Interessen des Buying Centers verbinden: Die Interessen der Beteiligten im Buying Center sind verschieden. Sollen mehrere Leute beim Kunden angesprochen werden, gilt es deshalb, ein spannendes, verbindendes Thema zu bestimmen. Diese Themen sind eher übergeordnet und bewegen sich nahe an der Gesamtstrategie des Kunden. Solche Themen sind eher unerwartet und öffnen den Kunden neue Perspektiven. Sie ist für alle Funktionen beim Kunden gültig.
  • Verbündete beim Kunden gewinnen: Externe Lieferanten haben oft keine Chance, sich in komplexen Kundenorganisationen einen guten Zugang zu verschaffen. Erst wenn sich einzelne Personen für einen Anbieter und seine Vorschläge einsetzen und aktiv die internen Beteiligten gewinnen, ist es möglich, vorwärts zu kommen. Die besten Verkäufer arbeiten oft beim Kunden selbst.

Von ersten Ideen bis zu wirksamen Vorschlägen für Gesprächsanlässe ist dabei der Weg weit und anspruchsvoll. Diese Vorschläge sollen für den Kunden „auf ihrem Punkt sein“.

Genügend Zeit

In 20 bis 30 Minuten lassen sich keine neuen Themen mit Kunden anstoßen. Gute Gespräche brauchen Zeit:

  • Keine Verkaufsgespräche führen: Die Kompetenz des eigenen Unternehmens und des Verkäufers (oder weiteren Personen mit Kundenkontakt) einzubringen, ist oft wirksamer, als direkt verkaufen zu wollen. Für eine glaubwürdige Unterstützung durch Lieferanten nehmen sich die Verantwortlichen des Kunden oft mehr Zeit. Das Gespräch ist wichtig für den Kunden und nicht nur für den Verkäufer. Es gilt also, die richtigen Inhalte zu entwickeln und einsetzen.
  • Zeit effizient nutzen: Nur wenn der Kunde überzeugt werden kann, dass ein Gespräch dicht gestaltet wird, setzt er auch mehr Zeit dafür ein. Für Zeitdiebe und „Bla-bla“ hat er wenig übrig.
  • Im Gespräch packen: „Zuerst wollte der Kunde mit mir nur 30 Minuten sprechen, das Treffen dauerte aber dann 70 Minuten“, so der häufige Wunsch der Anbieter. Vereinbarte Zeiten kürzt der Kunde ab oder erweitert sie. Nur wer in der Begegnung laufend spannend bleibt, kann die Spielräume für einen intensiven Austausch schaffen. Dabei können Einstieg, Geschichten, überraschende Analysen zum Kunden, Einsichten zur Branche usw. helfen. Voraussetzung ist dafür aber auch, dass der Verkäufer flexibel ist.

Schließlich experimentieren manche Verkäufer auch damit, den Kunden bei seinen Wartezeiten, bei Zug- oder Autofahrten zu begleiten.

Rascher Termin

Angestrebte Personen bei Kunden sind überlastet und Wartezeiten von mehreren Wochen auf einen Termin sind verbreitet. Auch dagegen kämpfen Verkäufer:

  • Aktualität und Ereignisse treffen: Oft spielen Lieferanten nur in einem kurzen Zeitfenster für den Kunden eine Rolle. Es gilt deshalb, aktuelle Ereignisse, Anlässe oder Aufgaben der Kundenpersonen soweit möglich zu erfassen.
  • Anziehen statt stoßen: Wer laufend Druck für einen nächsten Termin ausübt, wird eher abgewehrt. Unattraktive Verkäufer mit uninteressanten Inhalten für den Kunden werden leicht zum Bittsteller für ein Treffen. Sogar vereinbarte Termine verschiebt der Kunde oder sagt sie ab.
  • Zufällige Begegnungen schaffen und nutzen: Wer einem Kunden zufällig begegnet, der hat gleichsam sofort einen Termin. Solche Zufälle lassen sich fördern, aber sie dann auch geschickt zu nutzen, braucht ebenso intensive Vorbereitung.

Wirksam ist eine kreative Hartnäckigkeit, die mit neuen Zugängen zum Kunden experimentiert und durchaus souverän und spielerisch wirken kann.

Wer selbst nicht sofort reagiert, verlängert auch die Reaktionszeiten bei Kunden.

Effiziente Arbeitsteilung

Der Verkäufer schafft seine Kundenkontakte nicht alleine, er wird geeignet unterstützt:

  • Relevante Kompetenz: Der Kunde will den interessanten Personen eines Anbieters begegnen, zum Beispiel aus Technik, Management oder Marketing. Das ist wieder von seinen Interessen geprägt. Deshalb ist es wichtig, die relevanten Personen bei Anbieter und Kunden zu vernetzen. Unternehmen brauchen dazu die Fähigkeit, den Kundenkontakt effizient und sympathisch über mehrere Ansprechpersonen zu koordinieren.
  • Mit Marketing den Verkauf unterstützen: Die Kompetenz lässt sich auch durch Fachartikel, Dokumentationen, Kundenevents, Messen, Internet, Kundenfälle usw. vermitteln. Marketing und Verkauf haben die gemeinsame Aufgabe, den Kunden über viele Schritte zum Kauf zu führen.
  • Innendienst: Lässt sich der mühsame Kampf um Kundenkontakte vom Verkäufer an seinen Innendienst oder Kundenkontakt-Center delegieren? Diese Beurteilung ist schwierig. Im negativen Fall liefert der Innendienst nur Termine mit leicht zugänglichen Kunden. Im positiven Fall stützen sich die Mitarbeitenden im Innendienst auf ein professionelles Drehbuch, fokussieren sich, sind kompetent und bereits wichtige Kontaktpersonen für Kunden, wirken neutraler als Verkäufer. Auch finden sie oft besser den Draht zu Assistenten des Kunden. Auch Mann oder Frau mag übrigens eine Rolle spielen. Zusammenfassend entscheidet die relative Kompetenz und Sympathie von Verkäufern und weiteren Personen im Unternehmen.

Selbstverständlich lassen sich Anfragen über das Management des Kunden abwickeln, damit der Absender den Kunden stärker beeindruckt.

Hartnäckigkeit

Mit allen Hinweisen, der Zugang zum Kunden bleibt ein Engpass. Deshalb gilt es, hartnäckig zu bleiben:

  • Selbstbewusst bleiben: Kunden arbeiten gerne mit erfolgreichen Menschen zusammen. Manchmal ist es heilsam, Missstände bei Kunden oder eigene Absichten mit dem Kunden direkt anzusprechen. Ein angekündigter Rückzug könnte den Kunden bereits mobilisieren. Viel zu viel wird verpackt und indirekt versucht, was häufig zu Missverständnissen führt oder ineffizient wirkt.
  • Am Ball bleiben: Manche Kunden lassen jeden Anstand vermissen. Sie antworten nicht auf Vorschläge, auf Offerten oder Einladungen. Zu resignieren kann kaum die richtige Folgerung sein. Hartnäckigkeit sollten wir nicht mit Druck und einförmigem Vorgehen verwechseln. Wirksam ist eine kreative Hartnäckigkeit, die mit neuen Zugängen zum Kunden experimentiert und durchaus souverän und spielerisch wirken kann.
Fazit

So viel kann man über ein schwieriges Problem schreiben, ohne die richtige Lösung zu haben. Der Kundenzugang ist wichtig und kritisch, aber schwierig zu erreichen.
Kunden haben eine generelle Einstellung zum Verkauf und sie ist oft durch Misstrauen geprägt. Kunden haben Erfahrungen mit einzelnen Lieferanten und einzelnen Verkäufern. Erlebnisse in früheren Gesprächen prägen die Bereitschaft für aktuelle Begegnungen negativ oder positiv. Nach dem Kontakt ist vor dem Kontakt mit den Kunden. Die Reputation eines Anbieters wird zudem durch seine Marktposition und durch sein Image bestimmt. Führende Anbieter gewinnen den Kundenzugang leichter. Es ist kaum eine Gegenstrategie für kleine und etwas dilettantische Anbieter, auf das Mitleid des Kunden zu setzen.
Schließlich ist eine aufgebaute, persönliche und gute Geschäftsbeziehung die beste Eintrittskarte beim Kunden.

Das Institut für Marketing an der Universität St.Gallen (HSG)

Mit rund 35 Mitarbeitenden erforscht das Institut für Marketing der Universität St.Gallen (HSG) aktuelle Themen in den Bereichen Marketing-, Kommunikation- und Verkaufsmanagement. Themen wie Customer Centricity, Business-to-Business-Marketing, Account-Management, Multichannel-Management, digitales Marketing und Marketingperformance gehören dabei zu unseren Schwerpunkten (www.ifm.unisg.ch).

In aktuellen Praxisprogrammen mit Unternehmen fördern wir den Austausch zu Best Practices in Marketing, realem Kundenverhalten – realem Marketing oder den Herausforderungen einer Sales Driven Company.

Ziel des Instituts ist es, die eigene Forschung und Entwicklung mit führenden Unternehmen und Führungskräften zu verbinden. In allen Bereichen wird der Transfer zudem durch betriebsübergreifende und interne Weiterbildungen sowie die „Marketing Review St.Gallen“ (MIM Marken Institut München GmbH) gefördert.

In der Direktion wirken mit: Prof. Dr. Sven Reinecke (Geschäftsführender Direktor), Prof. Dr. Christian Belz und Prof. Dr. Marcus Schögel.

Die Universität St.Gallen (HSG) zählt zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas und genießt weltweit einen sehr guten Ruf mit Gütesiegeln, die z.B. auch die Harvard University aus- zeichnen. In renommierten Rankings belegt die Universität St.Gallen (HSG) stets die vorderen Plätze und bietet die beste Management-Weiterbildung im deutschsprachigen Raum. Das Institut für Marketing trägt als Teil der Universität St.Gallen (HSG) zu diesem Erfolg in Forschung und Transfer bei.

Autorin(nen) / Autor(en):
Ordinarius für Marketing des Instituts für Marketing an der Universität St. Gallen
Universität St. Gallen