Marken erfolgreich emotionalisieren: Mit den richtigen Emotionen Kunden gewinnen und binden

Marken erfolgreich emotionalisieren: Mit den richtigen Emotionen Kunden gewinnen und binden

Wie lautet heute aus strategischer Sicht das heißeste Thema im Marketing? Es ist mit Sicherheit das Thema Marke. Aber warum sollte man die Mühen und vor allem auch die Kosten auf sich nehmen, um aus dem eigenen Angebot eine starke Marke zu machen?

Dazu sollte man sich eine globale Studie der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners aus dem Jahr 2011 ansehen. Das Ergebnis: Nur ein Drittel der untersuchten Unternehmen konnte am Markt die Preise durchsetzen, die auch wirklich dem Wert des Angebots entsprachen. Zwei Drittel der untersuchten Unternehmen verkauften sich so unter ihrem Wert, weil sie, wie Simon, Kucher & Partners es ausdrücken, keine Pricing-Power besitzen. Was aber macht Pricing-Power aus? Dabei identifizierte diese Studie zwei Treiber: 1. Der wahrgenommene Kundennutzen und 2. die Marke.
Das heißt: Der Job Nummer eins einer starken Marke ist, Mehrwert für das Unternehmen zu generieren. Oder wie es Al Ries ausdrückt: „Man kann alles verkaufen, solange es billig genug ist. Um aber wirklich Geld zu verdienen, braucht man eine starke Marke.“

Die eine emotionale Position

Was aber macht jetzt eine starke Marke mit Pricing- Power aus? Nehmen Sie den Markt für Energydrinks! Wirklich neutral betrachtet, findet man nicht viel Unterschied zwischen Red Bull, Power Horse, Flying Horse oder einer anderen Energydrink-Marke. Alle Anbieter haben einen registrierten Markennamen, ein Logo, eine schön-designte Dose und natürlich das „Zeug“ selbst in der Dose.
Wo liegt wirklich der Unterschied? Er liegt in den Köpfen der Kunden. Dort besitzt Red Bull eine andere „emotionale“ Position als die Mitbewerber. Oder nehmen Sie Tafelschokolade! Dort besitzt Milka eine andere „emotionale“ Position als andere Anbieter von Tafelschokoladen. Oder nehmen Sie Autos! Baut VW wirklich bessere Autos als Opel oder Ford? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines: VW baute eine stärkere emotionale Marke als Opel oder Ford. Wie aber baut man eine starke emotionale Marke? Genau darum geht es heute in meinem Vortrag.

Differenzierung als Basis

Um eine besondere emotionale Position in den Köpfen der Kunden einnehmen zu können, darf man nicht „Me-too“ sein. Anders ausgedrückt: Die Marke braucht ein ureigenes Element des Ersten. Das gilt für Marken genauso wie für Personen. Wer war der erste Mensch auf dem Mond? Das war Neil Armstrong. Wer war der Zweite? Wer entdeckte Amerika? Christoph Kolumbus. Wer war Zweiter? Wer war der erste Mensch auf dem Mount Everest? Sir Edmund Hillary. Wer war der Zweite?
Wenn man die Geschichte starker Marken zurückverfolgt, findet man daher am Beginn der Erfolgsgeschichte eine erste Idee. Die Basis von General Electric war Thomas Edison mit der Erfindung der Glühbirne. Milka war 1901 die erste Tafelschokoladenmarke, Persil 1907 das erste Waschmittel und Nivea 1911 die erste Creme auf Öl-Wasser-Basis.

Was aber tun, wenn Ihre Marke nicht so wie Coca- Cola, Nivea oder Persil ist? Dann sollten Sie sich ein Beispiel an Reinhold Messner nehmen. Wo wäre Reinhold Messner heute, wenn er als weiterer sehr guter Bergsteiger den Mount Everest bestiegen hätte? Antwort: nirgendwo!

Coca-Cola war 1886 die erste Cola. Pepsi dagegen wird nur als Kopie wahrgenommen. Daran kann auch Werbung nichts ändern. Egal wie emotional die Werbung von Pepsi ist oder jemals sein wird, Pepsi wird nie dieselbe „emotionale“ Position wie Coke besitzen. Das ist ein extrem wichtiger Punkt. Denn noch immer glauben viele, dass man mit emotionaler Werbung alleine eine emotionale Marke bauen kann. Nur das funktioniert nicht, denn die echte Emotion muss in der Marke selbst liegen. Marken wie Nivea, Persil, Milka, Nutella, Kinderüberraschung oder auch Nespresso leben von dieser Original- und Marktführerposition.

 

Denken Sie in Kategorien, nicht in Marken

Was aber tun, wenn Ihre Marke nicht so wie Coca- Cola, Nivea oder Persil ist? Dann sollten Sie sich ein Beispiel an Reinhold Messner nehmen. Wo wäre Reinhold Messner heute, wenn er als weiterer sehr guter Bergsteiger den Mount Everest bestiegen hätte? Antwort: nirgendwo! Was machte er? Er bestieg als Erster den Mount Everest ohne Sauerstoffgerät. Damit gibt es zwei Pioniere auf dem Mount Everest, nämlich Hillary als Erster und Messner als Erster ohne Sauerstoffgerät.
Wenn man eine starke emotionale Marke bauen will, sollte man daher immer zuerst in Kategorien denken. Menschen sind nicht an neuen Marken, dafür umso mehr aber an neuen Kategorien interessiert. So erkannte man bei Dr. Best, dass man als weitere Zahnbürste unter vielen keine Chance hat. Also lancierte man die neue Kategorie „erste nachgebende Zahnbürste“. Diese Idee machte aus einer weiteren Marke den Marktführer bei Handzahnbürsten. Dyson war der erste „beutellose“ Staubsauger. Neuburger war der erste Gourmetleberkäse. Apple schuf im letzten Jahrzehnt sogar drei neue Kategorien und Weltmarktführer. So war der iPod der erste Hochleistungs- MP3-Player, das iPhone das erste Touchscreen- Smartphone und der iPad das erste Nur-Touchscreen- Tablet.
Interessant dabei: Sie müssen dazu nicht unbedingt etwas Neues erfinden. In vielen Fällen genügt es, den Fokus der Marke auf eine freie, noch nicht besetzte emotionale Position in den Köpfen der Kunden zu fokussieren. So hat BMW mit Sicherheit das Thema „Fahrfreude“ nicht erfunden. Aber BMW hat als erste Marke das Potenzial dieser Idee erkannt, um dann diese Idee nachhaltig zu besetzen. Oder nehmen Sie Krombacher! Viele Pilsbiere in Deutschland werden mit Felsquellwasser gebraut, aber Krombacher war die erste Marke, die diese Idee nachhaltig besetzte. So ist BMW heute weltweit die Nummer eins im Premium-Segment vor Mercedes und Audi. Und Krombacher ist heute das meistverkaufte Premium-Pilsbier in Deutschland.
Interessante Beobachtung aus der Praxis dazu: In den meisten Unternehmen ist so eine erste Idee bereits vorhanden. Sie wird nur intern – aus welchen Gründen auch immer – nicht als solche gesehen bzw. nicht optimal in der täglichen Markenarbeit genutzt. So verschenken viele Unternehmen echtes Marken- und damit auch Gewinnpotenzial.

Auf wahrgenommene Qualität achten

Aber nicht jede erste Idee ist gleich gut. Im Idealfall erzeugt Ihre erste Idee spontan eine überlegene Qualitätseinschätzung in den Augen der Kunden. So klingt es logisch, dass eine Fertigpizza aus dem Steinofen (Wagner Pizza) besser schmeckt als eine aus einem herkömmlichen Ofen. So klingt es logisch, dass eine nachgebende Zahnbürste (Dr. Best) besser für Zahnfleisch und Zähne ist als eine starre. So klingt es logisch, dass eine handgeschöpfte Schokoladenkreation besser schmeckt und hochwertiger ist als eine industriell gefertigte Schokolade.
Gerade bei Nahrungsmitteln sind „alte Ideen“ gute Ideen. Wir schätzen in der Regel Nahrungsmittel, die wie früher gemacht werden oder einen authentischen Eindruck erzeugen, höher ein als modern gemachte. So gewinnt in der Regel bei Blindverkostungen Pepsi- Cola gegen Coca-Cola. Wenn aber offen mit Marke verkostet wird, gewinnt das Original klar gegen die Kopie.
Das bedeutet aber auch, dass man zwei Qualitäten beachten muss, wenn man eine besondere emotionale Position in den Köpfen der Kunden besetzen will, nämlich die tatsächliche und die wahrgenommene Qualität. (Im Idealfall liegt Ihre Marke in beiden Bereichen vorne.)
Gern übersehen werden dabei aber die Bedeutung des Markennamens, die Bedeutung der Preisgestaltung und vor allem auch die Bedeutung der Breite einer Marke: So erhöht ein wohlklingender, zur Markenkategorie passender Markenname die Qualität wie etwa Landliebe, Patros oder Franziskaner. Beim Preis gilt, dass ein höherer Preis eine höhere Qualität suggeriert als ein niedriger Preis. Deshalb sind Premium-Marken teurer als klassische Marken und diese teurer als Discounteigenmarken. Aus Kundensicht ist der Preis nicht nur Zahlungseinheit, sondern auch ein Qualitätsindikator. Bei der Breite der Marke gilt: Je breiter die Marke, desto größer die Gefahr, dass man nicht nur die Positionierung verwässert, sondern dass auch die wahrgenommene Qualität der Marke „leidet“. Menschen schätzen Spezialisten in der Regel höher ein als Generalisten.

Den Kunden emotional führen und nicht verwirren

Aber es gilt nicht nur diese eine Idee, die spontan eine überlegene Qualität in den Augen der Kunden erzeugt, zu finden, man muss diese dann auch wirklich auf den Punkt bringen. Man muss dann die Marke und vor allem auch die Markenkommunikation darauf fokussieren.
Früher einmal hieß es: The more you tell, the more you sell. Heute lautet die Devise: The less you tell, the more you sell. Das hat zwei Gründe: 1. Je höher die generelle Kommunikationsüberlastung ist, desto einfacher und fokussierter sollte die eigene Botschaft sein, um überhaupt gehört und gesehen zu werden. 2. Je mehr eine Marke oder auch eine Person von sich behauptet, desto unglaubwürdiger wird diese. Deshalb sind viele der erfolgreichsten Marken dieser Welt nur mit einem einzigen Wort in den Köpfen der Kunden positioniert und abgespeichert: Das ist das ultimative Ziel eines Marken- und Marketingprogramms, nämlich ein Wort in den Köpfen der Kunden zu besitzen.

Auf einen visuellen Hammer setzen

Starke Markenideen sind nicht nur verbal einfach, sie lassen sich auch einfach visualisieren und dramatisieren. Das ist auch deshalb so wichtig, weil Bilder eine ganz andere Emotion als Worte besitzen.
Entscheidend dabei ist aber das Zusammenspiel. Die verbale Botschaft ist quasi der verbale Nagel der Marke. Das visuelle Schlüsselbild ist quasi der visuelle Hammer, der den Nagel mit der richtigen Dosis Emotionalität in den Köpfen der Kunden festmacht.

Marke Verbaler Nagel Visueller Hammer

Was verbal oft nur als nette Behauptung klingt, wird mit dem richtigen visuellen Hammer nicht nur emotional aufgeladen, sondern vor allem auch extrem glaubwürdig. Erst die Präsentation mit der Tomate gab der Idee „nachgebend“ die notwendige Aufmerksamkeit, Emotionalität und Glaubwürdigkeit. (Bilder lügen nicht.)
Dazu noch ein wichtiger Tipp: Wenn Ihre Marke über den Handel verkauft wird, sollten auf Ihrer Verpackung immer auch der verbale Nagel und der visuelle Hammer sein. Damit verstärkt man die eigene Markenpositionierung am Point of Sale oder besser am Punkt der Kaufentscheidung enorm.

Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung

Starke Ideen und damit starke Marken sind nicht über Nacht erfolgreich. Es dauert, bis Menschen Ideen aufnehmen, verstehen und akzeptieren. Nehmen Sie Red Bull! War Red Bull über Nacht erfolgreich? Natürlich nicht! Im ersten Jahr, also 1987 machte Red Bull 0,8 Millionen Euro Umsatz, 1988 waren es 1,6 und 1989 2,8 Millionen Euro. Wäre Red Bull damals im Besitz eines großen Konzerns gewesen, wäre die Marke wahrscheinlich im zweiten oder dritten Jahr eingestellt worden.
Heute wäre die Marke mit 4,2 Milliarden Euro Umsatz (Jahr 2011) sicher von jedem Konzern heiß begehrt. Das ist ein wichtiger Punkt. Denn starke Markenideen sehen in der Regel am Anfang oft furchtbar klein aus. Deshalb werden diese auch von großen Mitbewerbern nicht einmal ignoriert. Coca-Cola brauchte zwölf Jahre, um das erste Mal mit einem eigenen Energydrink auf Red Bull zu reagieren.
Das heißt aber auch: Ein wichtiger Faktor in Bezug auf die Emotion ist ständige Wiederholung, die letztendlich, wenn man auf die richtige Idee gesetzt hat, zum Erfolg führt. Denn erst der Erfolg gibt vielen Marken diese einzigartige emotionale Aura. Dasselbe gilt auch für die Macher hinter den Marken. So wurden und werden viele Markenbauer, vor allem Unternehmer, am Anfang daher oft auch als Spinner belächelt. Wenn der Erfolg dann eintritt, sieht alles ganz anders aus. Als Didi Mateschitz 1987 seine Idee (der erste Energydrink) und seine Marke (Red Bull) vorstellte, wurde er von vielen belächelt. Heute, 25 Jahre später, werden dieselbe Idee und dieselbe Marke bewundert. Heute hat die Marke aufgrund ihres Erfolgs eine ganz andere Emotionalität als 1987.

Wenn Ihre Marke über den Handel verkauft wird, sollten auf Ihrer Verpackung immer auch der verbale Nagel und der visuelle Hammer sein. Damit verstärkt man die eigene Markenpositionierung am Point of Sale.

So steht BMW seit über 40 Jahren für Fahrfreude. Audi ist seit über 25 Jahren „Vorsprung durch Technik“. Dr. Best ist seit 1988 die nachgebende Zahnbürste. Red Bull ist seit 1987 der Original-Energydrink, der Flügel verleiht. Ryanair ist seit 1985 Europas führende Discountfluglinie. Auch Nespresso gibt es schon seit über 20 Jahren.
Viele gute und sehr gute Marken und Markenideen erreichen leider nie ihr volles Potenzial, weil die Eigentümer selbst viel zu früh am Erfolg zweifeln. Das sollte nicht sein, denn Markenerfolg misst man nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten.

 

Strategisch richtig denken und vorgehen

Wenn Sie heute über die Zukunft Ihrer Marke nachdenken, sollten Sie daher in fünf Schritten vorgehen:
 

  1. Den mentalen Wettbewerbskontext in den Köpfen der Kunden kennen.
  2. Die eine Idee finden, die emotional perfekt zum mentalen Kontext passt.
  3. Den Nutzen bzw. Kaufgrund aus dieser Idee ableiten.
  4. Die Idee intern umsetzen.
  5. Die Idee mit PR und Werbung in den Köpfen der Kunden positionieren.

Eine starke emotionale Marke beginnt mit der richtigen Idee, die perfekt zur Wahrnehmung der Kunden passt und dort in Wort und Bild die richtigen Emotionen weckt. Und die richtigen Markenemotionen wiederum bringen auch die Kasse zum Klingeln. In diesem Sinne: Branding: Die Zukunft Ihrer Marke(n), Ihres Unternehmens hängt davon ab!

Literaturtipps

Brandtner, Michael: Brandtner on Branding, Styriaprint 2006

Ries, Al und Ries, Laura: War in The Boardroom, HarperBusiness 2009

Ries, Laura mit Michael Brandtner: Der visuelle Hammer (wird Ende des Jahres als eBook bei Amazon erscheinen.)

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Spezialist für strategische Marken- und Unternehmens- positionierung in Rohrbach, Oberösterreich und Associate
Ries & Ries