Speick – Unsere Heimat sind die Berge

Speick – Unsere Heimat sind die Berge

Speick Naturkosmetik in Leinfelden-Echterdingen schreibt Markengeschichte. Mit nachhaltigen Produkten und einer anthroposophischen Unternehmensführung spricht die schwäbische Traditionsmarke erfolgreich neue Zielgruppen an. Das belegen zweistellige Zuwachsraten in den vergangenen Jahren.

Marken sind Teil unseres Lebens. Als ständige Begleiter können sie bisweilen ziemlich emotional aufgeladen sein und sehr persönliche Erinnerungen wecken. Selbst wer lange nichts von einer Marke gehört hat, kann doch mit einem Schlag in ihre Welt zurückkehren. So ging es mir mit Speick. Mit der Creme hat sich mein Vater sein Leben lang rasiert und in meinem Elternhaus war die lachsfarbene Seife mit ihrem spezifischen Duft omnipräsent. Nach Jahrzehnten machte mich eine Freundin nun auf Speick Naturkosmetik in Leinfelden-Echterdingen aufmerksam und schon mit der Namensnennung kehrte der Geruch in das sensorische Gedächtnis zurück. Wie beim Restaurantkritiker Ego, der im genialen Streifen Ratatouille der Pixar Animation Studios durch den Genuss einer schlichten Gemüsekreation in seine Kindheit zurückversetzt wird, steigen beim Besuch des Unternehmens längst vergessen geglaubte Bilder auf. Verstärkt werden die positiven Schwingungen durch den herzlichen Empfang von Gudrun Leibbrand, Leitung Marketing und Produktmanagement, sowie das helle, freundliche Firmengebäude mit seinen zahlreichen Kunstexponaten. Verwurzelung in langer Unternehmertradition „Die Tradition der Seifensiederei reicht bei der Familie Rau bis in die 1864-Jahre zurück“, erklärt Leibbrand beim Gang zum Besprechungsraum und hält mir eine frisch geerntete Speick-Pflanze unter die Nase. Ein betörender Geruch. Ende der 1920er-Jahre schlossen sich die Unternehmen Müller, Niesle und Rau zu den vereinigten Seifenfabriken Untertürkheim zusammen. In der Def lationsphase nach dem 1. Weltkrieg kam das Unternehmen in Schieflage und musste Konkurs anmelden.

Ganz intuitiv legte mein Großvater schon Ende der wilden 1920er den Grundstein für eine moderne Markenführung. Wikhart Teuffel, geschäftsführender Gesellschafter, Speick Naturkosmetik

In dieser schwierigen Situation ergriff der Anthroposoph Walter Rau die Initiative und gründete das „Feinseifenwerk WALTER RAU“. „Auf die Herstellung einer Feinseife mit Speick kam der Unternehmer auf Anregung seines Schwagers. Der war Badearzt in Bad Boll und überzeugter Homöopath“, so Leibbrand, die als pharmazeutisch- technische Assistentin und Marketing- und Kommunikationswirtin einen ganz besonderen Bezug zu der Materie hat. Unternehmensgründer Rau war von der harmonisierenden Heilkraft der Speick- Pflanze, lateinisch Valeriana celtica, fasziniert. Tatsächlich war die einerseits beruhigende und andererseits anregende Wirkung des Gebirgsbaldrians auf das zentrale Nervensystem seit Jahrhunderten bekannt. „Die Speick Seife wurde so nach der überzeugung von Rau zum Vehikel für die wohltuenden Elemente aus der Natur. Die konnten und können Menschen über die Membranen der Haut im täglichen Gebrauch aufnehmen“, sagt Leibbrand, als Wikhart Teuffel, geschäftsführender Gesellschafter, Speick Naturkosmetik, Leinfelden- Echterdingen, den Raum betritt. „Teuffel – aber mit zwei ff“, so der Firmenchef mit einem Augenzwinkern. 

Eingetragene Marke

mit unverwechselbaren Kennzeichen Am 29. September 1928 wurde die Marke Speick eingetragen und die Produktion der Speick Seife begann. Dabei war das Gründungsdatum an Michaeli mit Bedacht gewählt: Der Ritter, der mit seiner Lanze den Drachen tötet, symbolisiert den Sieg des Guten über das Böse. Ungewöhnlich war von Anfang an der lachsfarbene Ton der Seife. Die gab der Firmengründer dem Produkt, weil er sich mit seiner Speick Seife von den handelsüblichen Seifen augenfällig unterscheiden wollte. „Ganz intuitiv legte mein Großvater damit schon Ende der wilden Zwanziger den Grundstein für eine moderne Markenführung“, betont Teuffel, der die anthroposophische Firmenkultur des Unternehmens lebt. Neben der Profiterzielungsabsicht stand im Feinseifenwerk WALTER RAU der soziale Gedanke im Vordergrund. Der Gründer wollte einen sozialen Kreislauf schaffen, der das Leben für alle Beteiligten lebenswert macht. Das war nach der Inflationszeit besonders wichtig. Die Menschen brauchten dringend Arbeit. „Die wollte ihnen mein Großvater geben“, weiß Teuffel und ergänzt, „als die Speick Seife noch händisch verpackt wurde, hatten wir über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Naturkosmetik im modernen Look

Natürlich hat sich die Marke Speick über die Jahrzehnte weiter entwickelt. Allein die Verpackung der Speick Seife aktualisierten die Leinfeldener neunmal. Heute bedienen die Spezialisten in Sachen Naturkosmetik unter der Dachmarke Speick das ganze Spektrum der Körperpflege von Kopf bis Fuß. Zudem produziert das Unternehmen weitere Produktlinien und Qualitätsseifen. „Es ist sehr wichtig, dass Kosmetik up to date bleibt. Duschgel, Shampoo und pflegende Kosmetik gehören heute in ein erfolgreiches Sortiment“, unterstreicht Teuffel, der mit seinem Team immer die Veränderungen des Konsumentenverhaltens und aktuelle Trends analysiert. Das hat Konsequenzen.

Die Speick Seife wurde nach der Überzeugung von Rau zum Vehikel für die wohltuenden Elemente aus der Natur. Gudrun Leibbrand, Leitung Marketing und Produktmanagement, Speick Naturkosmetik

Früher verfolgten die Schwaben eine Vielmarkenpolitik. „Die hatte zur Folge, dass die Konsumenten unsere Produkte nicht einfach zuordnen konnten“, benennt Leibbrand ein Ergebnis der Befragungen. Immer wieder kam der Satz „Ach, das ist auch von Euch?“ „Deshalb haben wir uns Ende der 1990er-Jahre auf unsere bekannten Speick-Produkte konzentriert und versucht, möglichst viele Produkte aus unserem Sortiment unter dem ,Speick-Dach‘ zu platzieren“, erinnert sich Leibbrand. Das war natürlich nicht von heute auf morgen möglich, sondern wurde in einem schleichenden Prozess über gut zehn Jahre bewerkstelligt.

 

Nachhaltiger Markenschutz ist gewährleistet

Das Segment, das Speick mit der geschützten Marke bedient, wird auch künftig eine sichere Marktnische bleiben. Der Grund dafür ist denkbar einfach. Potenzielle Konkurrenten kommen an den Rohstoff Speick gar nicht heran. Denn die Wildpflanze, die in den Alpen auf über 1800 Metern Höhe wächst, steht unter strengem Naturschutz. Bis zum Jahr 1936 war Speick auf dem Weltmarkt frei handelbar. „Bergbauern in den Alpen ernteten die stark duftende Pflanze jedes Jahr für die Parfümherstellung im Orient, wo der Speick-Duft sich grosser Beliebtheit erfreute – ohne Kenntnis der Wachstumszyklen“, kennt Leibbrand die Historie. Das führte zum Raubbau und in vielen Regionen zum völligen Verschwinden des Duftgebers. „Das plötzliche Verkaufsverbot war für uns natürlich ein Schlag ins Gesicht“, denkt Teuffel an die existenzbedrohende Situation zurück. Verbunden mit viel Aufwand und enormen Kosten kultivierten die Unternehmer über viele Jahre ihren Speick in speziellen Anlagen. Das änderte sich mit der Unternehmensführung durch Wikhart Teuffel. „Als ich im Jahr 1983 in die Firma eintrat, haben wir uns für eine nachhaltige Kooperation mit dem Land Kärnten und den Bergbauern in der Region entschieden.“

Forschung schafft solide Basis

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Bodenkultur der Universität Wien wurde erforscht, wie die Speick-Bestände im Gebirge nachhaltig bewirtschaftet werden können. Eine Doktorarbeit zu dem Thema kam dann zu dem Ergebnis, dass die dosierte Speick-Ernte für den Bestand und das Ökosystem sogar förderlich ist. Damit reifte der Plan, die Wildbestände der Pflanzen in Kärnten in einem Umweltschutzprojekt nachhaltig zu bewirtschaften und so den Bergbauern eine weitere Einkommensquelle zu erschließen. Doch ein Plan ist eins, die Realisierung etwas ganz anderes. Trotz der positiven Studienergebnisse musste Teuffel die Politik überzeugen und die zahlreichen Almbauern für das Projekt gewinnen. „Hoch in den Bergen tranken wir im Gespräch mit unseren heutigen Freunden viele Schnäpse, ehe das Projekt ins Rollen kam.“ Mittlerweile arbeitet das Unternehmen seit über 30 Jahren mit seinen Lieferanten aus Kärnten zusammen. „Dabei ist in vielen Fällen aus einer Geschäftsbeziehung über Jahrzehnte und Generationen eine Freundschaft gewachsen“, freut sich Teuffel.

Vertrieb von Speick über qualifizierte Kanäle

Verkauft wird das Sortiment über Drogeriemärkte, den Lebensmitteleinzelhandel, Bioläden, Apotheken und Online. Speick war besonders bei der jüngeren Generation etwas in Vergessenheit geraten. „Aber unsere Traditionsmarke hat sich in den vergangenen Jahren sehr verjüngt, ohne ihren Markenkern zu verraten“, unterstreicht Leibbrand.

Hoch in den Bergen tranken wir im Gespräch mit unseren heutigen Freunden viele Schnäpse, ehe das Projekt ins Rollen kam.

Das weiß ein immer größer werdendes Publikum mit Affinität zu Werten wie Natur, Echtheit, Nachhaltigkeit und Verantwortung zu schätzen. Menschen mögen nach Einschätzung der qui rl igen Manager in Unternehmen, die im Sinne der Nachhaltigkeit ökologisch, ökonomisch und sozial handeln. „Mit unserer Geschichte beantworten wir die Hinterfragungen der kritischer werdenden Verbraucher. Statt Ernüchterung tritt dann in vielen Fällen ein Aha-Effekt ein, und wir gewinnen besonders in der Zielgruppe 30plus sowohl bei den Damen wie bei den Herren treue Kunden.“

 

Brandbuilding durch Radio- und Plakatwerbung

In der Werbung setzt Speick Naturkosmetik auf Effektivität. „Bewährt hat sich die Kombination von Radiowerbung und Out of Home-Großflächenplakaten im Format 18/1 Großfläche“, erklärt Leibbrand. Das Unternehmen verzeichnet seit einigen Jahren zweistellige Zuwachsraten. Mit seinen Radiospots erreicht Speick Naturkosmetik über die SWR 3+1- Kombi seine Zielgruppen Männer, Frauen, Familien 30plus nachweislich und mit dem richtigen Kosten-Nutzen-Verhältnis. „An unserem Partner SWR schätze ich das Programmumfeld und die große Reichweite bis nach Köln sowie bis in die Schweiz und das Elsass“, so die Marketing- leiterin. Dabei spricht sie ihre Kunden mit den Radiospots eher dezent an. „Wir betreiben über das Radio wie über die Plakate reine Image-werbung.“ Beworben wird also die Dachmarke Speick und nicht ein einzelnes Produkt, dessen Abverkauf promotet werden soll. „Letztlich zahlt natürlich auch das Brandbuilding auf den Abverkauf ein. Das belegen unsere Zahlen“, ist sich Leibbrand sicher.

Enger Kontakt zu den Kunden

Zudem fahren die Schwaben mit ihren Naturkosmetikreferentinnen klassische Promotion-Aktionen und führen gezielte Personalschulungen bei Kunden durch. „So lassen sich Konsumenten individuell informieren und an unser Sortiment heranführen“, wirft Teuffel ein. Großen Wert legt Speick Naturkosmetik auch auf PR. „Wir haben eine Geschichte, die es in allen Medien zu erzählen gilt.“ Markenpräsenz zeigt Speick auch in dem vor zwei Jahren eingerichteten Laden in Stuttgart. Der ist kein Flaggstore mit pompöser Aufmachung, sondern ein dezenter, zur Marke passender Touch Point in der City. „Dort machen wir die SPEICKwelt für die Konsumenten erlebbar“, resümieren Leibbrand und Teuffel, die mir zum Abschied ein großes Speick-Sortiment mit auf den Weg geben. Die Markengeschichte geht weiter.

Reich an Mythen und traditionell beruhigend

Speick ist nicht nur eine botanische Rarität, sondern weist auch therapeutische Besonderheiten auf, und es ranken sich zahlreiche Mythen um die Pflanze.
Geerntet wird Speick im „Frauendreißiger“ – der Zeit zwischen den Festen Mariä Himmelfahrt am 15. August und Mariä Namen am 12. September.
Speick gehört zu den Pflanzen, die z.B. eine besondere Rolle beim Almabtrieb einnahmen.
In den Rauhnächten zwischen Weihnachen und Dreikönig spielte Speick in der Vergangenheit als segensreiche Räucherpflanze eine wichtige Rolle.
Spannend ist auch: In früheren Zeiten wurde Speick-Arrest oder Speick-Sitzen praktiziert. Wer z.B. Diebstahl oder Ehebruch begangen hatte, wurde in einen Speick-Stadel gesperrt und duftete dann wochenlang nach Speick.

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