Digitale Zielgruppen im Fokus der Marktforschung

Digitale Zielgruppen im Fokus der Marktforschung

Wo digitale Welt und traditionelle Marktforschung für den Unternehmenserfolg aufeinander angewiesen sind.

Die Welt wird digital: Heute ist das Internet der am häufigsten genutzte Medienkanal, mehr als 80 Prozent der deutschen Online-Nutzer surfen täglich im Web. Das Internet ist zum Massenmarkt geworden. Werbebudgets werden in Social Media verlagert, die spannendsten Werbeträger sind dabei Facebook und Google.
Was bedeutet das für werbetreibende Unternehmen? Während in der alten, analogen Welt eine Kommunikationsidee für ein Unternehmen oder eine Marke über vorab definierte Kommunikationskanäle möglichst konsistent an die Zielgruppe herangetragen wurde, setzen sich jetzt in der digitalen Welt die Kunden und Zielgruppen tatsächlich mit dem auseinander, was über diese Unternehmen und Marken kommuniziert wird. Dabei ist es sogar so, dass die Konsumenten diese Kommunikation maßgeblich mitbestimmen können, und das Unternehmen im Extremfall die Kontrolle über die Kommunikation verlieren kann.
Beim Versuch, den digitalen Konsumenten zu verstehen und die Kontrolle über die Kommunikation wieder zu gewinnen, erfasst der digitale Hype auch die Marktforschung. Da alles, was im Internet passiert, auch dokumentiert werden kann, werden Online-Foren, Web-Panels, Social-Media-Listening, Clickstream Reporting, Google Analytics und andere neue Techniken, die Daten über das Verhalten der Konsumenten im Internet sammeln und auswerten, als die Zukunft gepriesen. 

Das geht sogar so weit, dass die großen Konsumgüterhersteller wie Procter & Gamble das „Ende der traditionellen Marktforschung“ prognostizieren: Bald schon soll die Datenerhebung rein auf digital gesammelten Informationen basieren und dabei am besten nichts mehr kosten, da die digitalen Daten ja für jedermann verfügbar sind.
In der Realität taucht allerdings ein „digitales Dilemma“ auf: Es gibt gerade in der digitalen Welt ein Übermaß an Daten – aber keine Struktur in der Datenmenge. Da der Kaufentscheidungsprozess mit der Digitalisierung der Welt immer komplexer wird, ist dieses Übermaß an Daten zwar fast notwendig, führt aber zwangsläufig zu einer Unübersichtlichkeit, die handlungsrelevante Informationen eher versteckt als enthüllt. Generelle Trends lassen sich in den Daten erkennen, aber sobald man etwas spezifischer in den Fragestellungen wird, fehlen die konkreten Daten. Dies führt zu einem Effizienz-Paradox: Riesige Datenmengen kosten mich fast nichts mehr, aber trotzdem fällt es schwer, die relevanten Daten zu identifizieren und die für meine Zielgruppe aktionablen Aussagen abzuleiten.
Man kommt besonders dann in Schwierigkeiten, wenn es um bestimmte Zielgruppen oder Fragestellungen geht:

  • Nicht für alle Zielgruppen ist Digital Research verfügbar. Selbst wenn die meisten Menschen in Deutschland online sind, ist es vielfach nicht möglich, bestimmte Nutzergruppen genau zu identifizieren. Dies ist aber für die Ableitung konkreter Schlussfolgerungen für eben diese Nutzergruppen unerlässlich.
  • Freiwillige, kostenlose Web-Panels sind gut für eine Momentaufnahme, aber alles andere als repräsentativ. Gerade wenn man an Verwendern bestimmter Produktkategorien interessiert ist, stößt man in unspezifizierten Panels an Grenzen.

Darüber hinaus ist der umfassende Einblick in das Verhalten der Konsumenten nicht alles, für sinnvolle Unternehmensentscheidungen fehlt die Erfassung der Motivation der Konsumenten für ihr Verhalten! Die reine Erhebung und Analyse von Verhaltensdaten, auch im Internet, ist immer ein Blick in den Rückspiegel und enthält weniger Prognosekraft als ein Börsenkurs.
Die Motivation hinter dem Verhalten der Konsumenten lässt sich mit der reinen Sammlung von digitalen Daten nicht ermitteln. Wir können zwar sehr genau sehen, wann auf welche Internetseite geklickt wird und wo welcher Forenbeitrag geschrieben wird, aber es fehlt die Information über das „Warum“ dies geschieht.
Die Lösung aus dem Dilemma liegt in der richtigen Kombination von Verhaltens- und Motivationsdaten. Die gleichzeitige Erfassung und Gegenüberstellung von Verhaltens- und Motivationsdaten erlaubt den ganzheitlichen Blick auf den digitalen Konsumenten. Die traditionelle Marktforschung muss also nicht verworfen, sondern gezielt für die Digitale Welt adaptiert werden, damit das „Digital Life“ Ihrer Zielgruppe nicht zum „Digital Desaster“ für Ihre Marktforschung wird.
Ein Beispiel, wie so etwas funktionieren kann, ist Digital Life, die bisher größte Studie, die jemals über den digitalen Konsumenten durchgeführt wurde. In 43 Ländern wurden fast 15 000 Konsumenten befragt, oftmals in Kombination mit Clickstream und Social- Media-Listening-Daten, und als Basis für eine einzigartige, motivationsbasierte Zielgruppensegmentierung verwendet. 

Die sinnvolle Kombination und Integration der Daten („Digital Behave“) ermöglicht den Durchblick: Das holistische Bild auf den digitalen Konsumenten, bei dem das Verhalten mit den Motiven zusammengebracht und so wirklich verstanden wird, wie die Zielgruppe tickt.
Es geht also letztendlich nicht darum, traditionelle Marktforschung durch digitale Marktforschung zu ersetzen, sondern eine sinnvolle Kombination in einem integrierten Marktinformationssystem zu finden. Für jedes Unternehmen lässt sich so der digitale Konsument auch in der Marktforschung gezielt ansprechen und lassen sich relevante und aktionable Informationen für zielgerichtete Entscheidungen gewinnen.

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Managing Director
TNS International S.à.r.l., Genf