Fifty Shades of Sense - Der Wert von Duft

Fifty Shades of Sense - Der Wert von Duft

Die schönsten Dinge erlebt man mit allen fünf Sinnen. Das Multisensorische Marketing nutzt diese Tatsache, um Werbebotschaften zum Erlebnis zu machen.

Es ist schon erstaunlich, mit wie viel Freude und Sympathie der visuell orientierte Mensch auf subtile sensorische Reize reagiert. Ein feiner Duft weckt die Erinnerung, ein bestimmtes Geräusch verstärkt das Erlebnis, die Haptik des Papiers verstärkt die Botschaft.
In der Kommunikation wird in erster Linie sehr viel Wert auf das Äußere, die Farben und Formen gelegt. Das ist richtig und wichtig, denn sehr häufig bestimmt das Design und nicht der Inhalt, ob ein Rezipient die Werbung, die Marken- oder Unternehmenskommunikation für wichtig erachtet. Angesichts der ständigen Verfügbarkeit von Informationen sind die Konsumenten aber vieler visueller Reize überdrüssig, mit denen sie gelockt und verführt werden sollen. Schließlich wurde jahrelang versucht, dem Verbraucher mit immer und ständig wiederholten Werbeversprechen die Marken näherzubringen. Man denke nur an die typische Fernsehwerbung, in der die beste Mutter der Welt immerzu Sorge trägt, dass die Wäsche strahlendweiß bleibt. Eine solche Erwartungshaltung an die eigenen Kunden strengt diese heute an. Die Menschen sind vorsichtig und sie wollen weder hören noch sehen, was für sie nicht relevant ist.
So steht man also als Unternehmen einem Menschen gegenüber, der auf alles allergisch reagiert, was er nicht innerhalb eines Sekundenbruchteils als interessant für sich bewerten kann. Die Optik wird als Erstes überprüft und beurteilt. Ergo ist und bleibt das Visuelle der Schwerpunkt des Marketings. Die Katze beißt sich in den Schwanz.

Sinnliche Wahrnehmung

Aus diesem Dilemma führen zwei valide Lösungen heraus: Entweder man versucht, mit immer noch tolleren und aufsehenerregenderen Effekten zu arbeiten, oder man setzt auf das Subtile. Das multisensorische Marketing macht sich die Tatsache zunutze, dass Markenloyalität in Abhängigkeit zur Anzahl angesprochener Sinne steigt. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Millward Brown belegt, dass die durchschnittliche Produktloyalität von 28 Prozent auf 43 Prozent ansteigt, wenn die Marke nicht ausschließlich den visuellen, sondern zudem noch ein bis zwei weitere Sinne anspricht. Die Markentreue steigt bei vier bis fünf angesprochenen Sinnen im Schnitt sogar auf 58 Prozent. Überträgt man diese Ergebnisse auf die Kommunikation, ist es sinnvoll, den Rezipienten eine höhere sensorische Wahrnehmung zu liefern.

"Der Duft ist wie Musik für unsere Sinne“, so könnte man einen der am meisten unterschätzten menschlichen Sinne umschreiben.

Nun ist der erste Weg hin zur Haptik begangen. Es gibt wunderschönes Papier und eine Menge Präge- und Struktureffekte, die ein Druckprodukt auch für die Hände zum Leben erwecken. Aber trotzdem bedient man mit „Tasten“ und „Sehen“ allein nur zwei Sinne. Multisensorisches Marketing soll unsere gesamten Sinne berühren und damit Erinnerungen, Wahrnehmungen und Emotionen wecken.

 

Der Duft der Kindheit

„Der Duft ist wie Musik für unsere Sinne“, so könnte man einen der am meisten unterschätzten menschlichen Sinne umschreiben. Der unbewusst stärkste und unmittelbarste Sinn ist in der Tat der Geruchssinn. Der Mensch atmet ca. 23 000-mal am Tag. Mit der Atemluft strömen unwillkürlich selbst feinste Gerüche in die Nase. Dem kann man sich kaum entziehen. Der Mensch unterscheidet etwa 10 000 verschiedene Gerüche. Dabei wirken die unterschiedlichen Düfte auf das sogenannte limbische System des Gehirns, in dem vor allen Dingen Emotionen verarbeitet werden. Insofern werden unglaubliche 75 Prozent der täglich erlebten Emotionen (mit) davon beeinflusst, was wir riechen. Und das Tollste ist – zumindest im Umfeld der Duftwerbung, dass man sich dem Duftsinn nicht entziehen kann.

Für die Kommunikation entscheidend ist, dass Bilder länger im Gedächtnis bleiben, wenn sie mit Düften gekoppelt wahrgenommen werden.

Duft hat noch einen zweiten wichtigen Effekt auf den Menschen, der für die Werbung ebenso relevant ist. Marcel Proust hat ihn einmal in einem seiner wichtigsten Werke beschrieben. In dem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit erlebt ein Mann Erinnerungen an seine Kindheit, die tief in seinem Unterbewusstsein verschüttet waren, als er ein Madeleine mit dem Duft von Zitrone und Rum zu sich nimmt. Dieser „Proust-Effekt“ ist mittlerweile wissenschaftlich gründlich belegt. Ein bestimmter Geruch kann den Menschen tatsächlich ganz unmittelbar in eine lange schon zurückliegende Episode seines Lebens versetzen.
Ein Geruch, der einem Menschen zum ersten Mal in die Nase steigt, zum Beispiel eben der Geruch von frisch gebackenem Kuchen, den man als kleines Kind mit der Großmutter zusammen gebacken hat, wird im Gehirn zugleich mit dieser Erinnerung abgespeichert. Wird dieser Duft später einmal im Leben wieder wahrgenommen, werden alle Erinnerungen an diese Situation in Sekundenschnelle wach. Man steht quasi wieder mit der Großmutter in der alten Küche. Der werbliche Erfolg ist somit perfekt – man hat den Empfänger automatisch auf der positiv-rationalen Ebene gepackt.
Schließlich verstärkt ein bestimmter Geruch auch das Erlebnis. Das Nivea-Haus in Hamburg und Berlin nutzt diesen Effekt schon seit Jahren, um die Markensympathie zu steigern. Der seit Generationen bekannte Geruch von Maiglöckchen, der die Nivea-Creme auszeichnet, wird hier versprüht, um die Konsumenten an die eigene Kindheit zu erinnern. Durch das Nivea-Haus möchte das Unternehmen einen Erlebnisraum schaffen, in dem die Marke zu spüren ist. Anschließende Umfragen haben ergeben, dass dieser Trick funktioniert. Die Einstellung zu der Marke Nivea hat sich bei vielen Besuchern tatsächlich verbessert. Das Militärhistorische Museum in Dresden wiederum macht mit einer Duftinstallation aus Erde, Holz, Schwarzpulver, aber auch verwesendem Fleisch und Schweiß den „Gestank des Krieges“ für die Besucher real erfahrbar. Dadurch entstehen Emotionen, die das Ereignis, den Museumsbesuch, zum Erlebnis machen.

 

Multisensuale Ansprache

Für die Kommunikation entscheidend ist, dass Bilder länger im Gedächtnis bleiben, wenn sie mit Düften gekoppelt wahrgenommen werden. Duft steigert die Erinnerungsleistung signifikant. Die Marke Febreze setzte deshalb Duftpostkarten, Duftetiketten und Wertcoupons auf Produktverpackung oder in Magazinen ein. Durch diese multisensuale Ansprache konnte die Spontankaufrate der bedufteten Produktverpackungen deutlich erhöht werden. Gleichzeitig werden bestimmte Gefühle vermittelt. So wecken Werbebotschaft mit Duft Emotionen und Neugierde und erhöhen die Wahrnehmung laut einer Studie von Starch Advertising Research um 19 Prozent.

Multisensorisches Marketing soll unsere gesamten Sinne berühren und damit Erinnerungen, Wahrnehmungen und Emotionen wecken.

Wichtig ist aber, dass sich Duft nicht aufdrängt. Denn dann verkehrt sich das Ganze schnell ins Gegenteil. Wenn nun jede einzelne Seite eines Magazins nach Maiglöckchen, Vanille oder Lemongrass riecht, wird wohl jeder Leser angewidert die Nase rümpfen. Entweder man setzt Duft so ein, dass er nicht sofort in die Nase steigt, sondern nur das Unterbewusstsein erreicht, oder man lässt dem Leser die Wahl, wann und wie er den Duft erkunden will.
Für die neuen Folco-Scent-Duftlacke von Follmann wurden spezielle Mikrokapseln entwickelt. Die verschiedenen Duftstoffe werden in mikroskopisch kleine Kugeln verpackt, hermetisch konserviert und dann mit dem Lack direkt auf Verpackungen, Mailings, Flyer oder eben Magazinseiten gedruckt. Auf diese Weise lassen sich (fast) alle Düfte realisieren – von Blumen- über Lederduft bis hin zu verbranntem Gummi. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt! Die Mikroverkapselung bietet den großen Vorteil, dass der Duft auf unterschiedliche Weise und nur zum gewünschten Zeitpunkt freigesetzt werden kann. Beispielsweise können die Mikrokapseln durch mechanische Einwirkung wie das Rubbeln an ausgewiesenen Stellen zerstört und der Duft freigesetzt werden. Dabei ist eine originalgetreue Duftwiedergabe natürlich selbstverständlich.
Gleichzeitig wird der Leser zur Interaktion angeregt. Werbung wird immer als interessanter empfunden, wenn sie dem Leser erlaubt, sich damit auf spielerische Weise auseinander zu setzen. Durch Reiben, Kratzen, Drücken oder Schneiden kommt er zu einem besonderen Duft, den er vorher nicht kennt, von dem er aber eine Vorstellung hat, wie er riechen sollte. Er wird also für seine Mühen belohnt und im Idealfall verknüpft er den Duft mit einer angenehmen Erinnerung und einem wohligen Gefühl.

 

Bilder zum Artikel:
Autorin(nen) / Autor(en):
Betriebswirtin (VWA)
Follmann Communication Manager