Marketingresistenz in Industrieunternehmen

Marketingresistenz in Industrieunternehmen

Marketingresistenz in der Industrie betrifft nicht alle Anbieter, bleibt aber erstaunlich verbreitet. Es lohnt sich aber, die Lösungen in Marketing und Vertrieb professionell zu gestalten.

Treiber für den Erfolg von industriellen Anbietern sind oft die Technik und damit verbunden innovative Produkte. Führungskräfte und Mitarbeitende sind stolz auf ihre technische Expertise. Unternehmen fokussieren sich auf technisch überlegene Lösungen in einzelnen Kundenprojekten. Techniker des Lieferanten arbeiten intensiv mit Technikern des Kunden zusammen und sie sprechen die gleiche Sprache.
Marketing scheint den Verantwortlichen suspekt. Stichworte sind übertreibungen, warme Luft, übersetzungen für Anfänger oder Verschwendung. Damit lässt sich erklären, dass manche Hersteller von Investitionsgütern ihre Website, Dokumentationen, Texte und Bilder vernachlässigen. Viele der Ansätze des Marketings sind angedacht. Kommunikativ sind sie aber unsorgfältig und banal umgesetzt. Zwar ist offensichtlich, dass ihr Marketing nicht „state of the art“ ist. Das scheint aber eine Nebenaufgabe zu sein: Man könnte hier etwas tun, nur – ist das genügend wichtig? Wer nur auf die technische Reputation, die persönliche Interaktion und Einzelprojekte mit Kunden setzt, geht nicht effizient vor. Und als Randbemerkung: Es gibt keinen objektiven Grund, für die Technik mehr Seriosität anzunehmen.

Herausforderungen

In manchen Industriemärkten verschärfen sich folgende Herausforderungen:

  • Buying Center: Investitionsgüter werden nicht nur durch Techniker beschafft. Mehr und mehr spielen Management, Beschaffung und Nutzer beim Kunden eine Rolle. Typisch die Verschiebung für Informatik, die Anbieter kommunizieren weniger mit Informatikern des Kunden als mit den Managern in verschiedenen Funktionen; die guten technischen Lösungen erlauben es erst, sich mehr um die Nutzer zu kümmern. Beispiel ist auch die Medizinaltechnik, der Einfluss der Ärzte in Spitälern sinkt und jener des Einkaufs steigt. Sobald die Wettbewerber ebenbürtige Leistungen erbringen, beeinflussen mehr Menschen bei Kunden die Beschaffungsentscheide. Zudem scheint die interne Absicherung laufend wichtiger zu werden. Die Beschaffungsprozesse werden auch mehr und mehr mit Ausschreibungen abgesichert, die in Arbeitsteams vorbereitet werden. Lieferanten werden dann gemeinsam selektionieren.
  • Output: In vielen Märkten stand lange der Input im Vordergrund, also beispielsweise die Beschaffung einer Maschine. Mehr und mehr Kunden gewichten nun, wie eine Beschaffung zum eigenen Erfolg in den eigenen Märkten beiträgt. In den Diskussionen um den Payback von Investitionen, den Business-Nutzen oder das Lifecycle- Management von Anlagen beteiligen sich andere Personen beim Kunden und die Argumente verlagern sich grundsätzlich.
  • Kaufprozesse: Kaufprozesse des Kunden werden länger, sie verändern sich laufend, sie werden verlagert oder abgebrochen. Es nützt wenig, den Kunden in einer Phase zu begeistern, ihn aber nicht zum Kauf zu führen. Viele Personen können im Kundenunternehmen die laufenden Prozesse verändern. Neue Strategien, weitere Projekte, andere Bewertungskriterien, Personalwechsel, neue Vorschläge von Wettbewerbern oder eine veränderte Nachfrage nach Leistungen des Kunden spielen dabei eine Rolle. Auch die Stoßrichtungen des eigenen Unternehmens verändern den Zugang zu Kunden.

    Nicht schöne Bilder, markante Messestände oder gefällige Dokumentationen stehen für ein wirksames Marketing im Vordergrund.

    Manche Anbieter wollen sich weiter vom Produkt- zum Lösungsanbieter für spezifische Kunden entwickeln. Wer mit Solutions bestehen will, muss aber im Erklärungswettbewerb für Kunden bestehen. Wie wird beispielsweise glaubwürdig kommuniziert, dass die Konzeptionsfähigkeiten des eigenen Unternehmens in frühen Phasen des Kundenbedarfs herausragend sind? Wie wird kommuniziert, dass das eigene Unternehmen den Kunden am besten berät? Wollen Industrieunternehmen ihre Leistung stärker als bisher standardisieren, statt auf jeden Kundenwunsch einzugehen, so steigen die Anforderungen an die Marktbearbeitung ebenso.
Ansätze im Marketing

Marketing ist breit. Strategische Aufgaben befassen sich damit, neue Länder, Kundengruppen und Leistungsbereiche aufzubauen oder neue Produkte wirksam einzuführen. Die wichtigen Informationen zu den Märkten und Kunden sind bereitzustellen und beispielsweise mit CRM-Systemen zu stützen. Im Kundenmanagement sind Konzepte für große bis kleine Kunden relevant. Die Instrumente der Marktbearbeitung reichen vom persönlichen Verkauf, dem Auftritt im Internet, dem Management von Messen bis zu Roadshows und Kundenschulungen. Entsprechend breit gefächert sind mögliche Lösungen in Marketing und Vertrieb. Folgende Hinweise sind nur eine Auswahl:

  • Nutzen für Entscheider und Beeinflusser: Es genügt nicht, die Produkte technisch zu beschreiben. Spezifikationen oder technische Finessen gilt es, in den Nutzen und das Ergebnis für Kunden zu übersetzen. Dieser Nutzen ist für verschiedene Zielgruppen im Kundenunternehmen unterschiedlich und ändert sich auch in Kaufprozessen.
  • Orientierung von Marketing und Vertrieb am Kundenprozess: Es gilt, den Kunden zum Kauf zu führen. Dazu müssen Verantwortliche reale Kundenprozesse erfassen. Beispielsweise lassen sich in einem Bereiche fünf erfolgreiche und fünf erfolglose Kundenprojekte aus Kundensicht analysieren. Was waren die detaillierten Schritte des Kunden zum Kauf oder zum Abbruch (oder zur Wettbewerbslösung)? Zweitens sollen wenige, kritische Hebel im Ablauf bestimmt werden. Drittens gilt es, für diese Hebel wirksame Ansätze für Vertrieb und Marketing zu bestimmen. Bereits prüfen Unternehmen, ob sie nicht ihre Budgets des Marketings auf diese Hebel ausrichten müssen.
  • Relevante Kundenfälle: Viele Industrieanbieter erbringen individuelle Leistungen für viele Kunden in verschiedenen Märkten. Wie lässt sich die Vielfalt wirksam kommunizieren? Ergiebig kann es sein, vorerst auf gut ausgewertete Kundenfälle zu setzen. Attraktiv umschrieben mit Ausgangslage, Arbeitsprozess, Lösung, Ergebnis und kritischen Folgerungen. Beeindruckt hat beispielsweise der Ansatz von SICK, wie ihn die Abbildung oben zeigt.
  • Agenda-Setting: Technologieführerschaft in besonderen Kundensegmenten ist nicht einfach ein abstraktes Prädikat. Erfindungen sind auch noch längst keine Markterfolge. Für Hochtechnologie-Angebote bleibt die Aufnahme im Markt immer der Engpass. Führende Unternehmen müssen in der Lage sein, in der eigenen Branche und den attraktiven Kundenmärkten die Agenda der relevanten Themen zu setzen und zu verstärken. Die Instrumente der Kommunikation reichen dabei von YouTube- Filmen im Internet, Fachartikeln, Zusammenarbeit mit Universitäten bis zu Referaten und eigenen Branchentagungen.

Braucht es für diese Aufgaben eine Marketingabteilung? Bewährt sich in Industrieunternehmen eine Stelle für Marketingservice, oder braucht es ebenso die Verantwortung des Marketings für strategische Aufgaben? In manchen Industrieunternehmen lässt sich beobachten, dass wenige Personen im Marketing eine immense Liste von Aufgaben erfüllen. Es erstaunt dann kaum, wenn diese nur noch der nächsten Messe oder dem nächsten Prospekt nachrennen und kaum genügen können. Bestimmt braucht es die Verankerung im Management, genügende Ressourcen und Professionalität. Wer die Aufgaben erfüllt, ist aber letztlich sekundär. Allerdings ist in technischen Unternehmen immer das Zusammenspiel von Marketing, Vertrieb, Produktmanagement, Produktion, Logistik, Controlling usw. bedeutend. Kein Marketingverantwortlicher gewinnt alleine.

Fazit

Nicht schöne Bilder, markante Messestände oder gefällige Dokumentationen stehen für ein wirksames Marketing im Vordergrund. Hier finden sich tatsächlich manche Quellen der Verschwendung. Anspruchsvolle Leistungen sind aber auch anspruchsvoll zu kommunizieren. Wer Wertvolles zu sagen hat, sollte das nicht lieblos tun. Kommunikation ist der Zugang des Menschen zur Wirklichkeit, es gibt keinen anderen.

Institut für Marketing der Universität St. Gallen

Mit rund 35 Mitarbeitenden erforscht das Institut für Marketing der Universität St.Gallen in den Kompetenzzentren die Themen B-to-B-Marketing und Hightech-Marketing, Verkaufsmanagement, Dialogmarketing, Messen, Multichannel-Management und kooperatives Marketing sowie Marketingperformance (www.ifm.unisg.ch). Aktuelle Entwicklungsprogramme mit Unternehmen sind Best Practice in Marketing, reales Kundenverhalten – reales Marketing, Sales driven Company und Customer Centricity.

Generellere Themen sind Marketinginnovation, Trends/Kundeninformation/Kundenverhalten, Markenführung, Internationales Marketing, Solutions- und Volumengeschäft, Kundenmanagement sowie Marketingführung und -organisation.

Ziel des Instituts ist es, die eigene Forschung und Entwicklung mit führenden Unternehmen und Führungskräften zu verbinden. In allen Bereichen wird der Transfer zudem durch betriebsübergreifende und interne Weiterbildungen sowie die „Marketing Review St. Gallen“ (Gabler Verlag) gefördert.

Im Institutsleiterteam wirken mit: Prof. Dr. Christian Belz (Geschäftsführer), Prof. Dr. Sven Reinecke,

Prof. Dr. Marcus Schögel, Dr. Michael Betz, Dr. Michael Reinhold und Prof. Dr. Christian Schmitz.

Flankiert werden diese Aktivitäten durch mehrere weitere Institute im Marketingdepartment der Universität St.Gallen. Spezialisten befassen sich in den Instituten für Versicherungswirtschaft, für öffentliche Dienstleistungen und Tourismus und für Banken, für Wirtschaft und Ökologie sowie den Forschungsstellen für Customer Insight und Internationales Handelsmanagement mit Marketing.
SICK SOLUTIONS TOUR: Komplexe und spezifische Lösungen für Kunden kommunizieren

Das Ziel ist erreicht – die Mission erfüllt. Die 100 Tour Stops sind nun komplett. Trotzdem und gerade deshalb wollen wir Sie auf dieser Seite mit weiteren Solutions überraschen. Es lohnt sich also weiterhin, immer wieder einen Blick auf die Lösungskompetenz von SICK zu werfen.
Jede Aufgabenstellung hat ihre Besonderheiten und jede Lösung ebenfalls. Mal einfach – mal komplex. Von der Lösung mit einem einzelnen Sensor bis zum komplexen System mit unterschiedlichsten Sensorkomponenten und Steuerungselementen. Profitieren Sie bei Ihren Applikationen vom langjährigen Know-how eines weltweit führenden Spezialisten.

Nach einer kurzen Übersicht lässt sich tiefer in den Fall einsteigen. Solche Fälle sind auf der Internetseite nach Applikationen und Branchen zugänglich.


Ein Beispiel:

Tour Stop Nr. 105: Ist der Platz noch frei? – Überprüfung der Auslastung von Bahnen in einem Freizeitpark

Mithilfe der Ermittlung der Auslastung von Bahnen eines Freizeitparks soll die Häufigkeit der Wartungsintervalle reduziert werden und die Motivation von Betriebspersonal und Besuchern gesteigert werden.

Lasermess-Sensoren von SICK leisten hier einen entscheidenden Beitrag.

Autorin(nen) / Autor(en):
Ordinarius für Marketing des Instituts für Marketing an der Universität St. Gallen
Universität St. Gallen