Nachhaltige Unternehmensführung im Handel

Nachhaltige Unternehmensführung im Handel

Am 6. St.Galler Handelstag am 25. März konnten die Tagungsteilnehmer lernen, wie eine nachhaltige Unternehmensführung funktioniert. Die CEOs der Migros, dm-drogerie markt und Galeria Kaufhof haben gezeigt, wie erfolgreiche Unternehmen vorgehen. Darüber hinaus hat das Forschungszentrum für Handelsmanagement der Universität St.Gallen die Ergebnisse einer Befragung von Top-Managern zum Thema Nachhaltigkeit vorgestellt.

In den vergangenen Jahren ist eine steigende Wettbewerbsdynamik im Handel zu beobachten. Lang etablierte Unternehmen werden durch neue Geschäftsmodelle herausgefordert. Insbesondere neue Technologien, wie z.B. das mobile Internet, und der Wandel im Konsumentenverhalten sind Kerntreiber der Veränderungen.
Nur wenigen Unternehmen gelingt es, trotz wechselnder Umweltveränderungen, über viele Jahre nachhaltig erfolgreich zu sein. Von Februar bis März 2014 hat das Forschungszentrum für Handelsmanagement knapp 200 Manager der Handels- und Herstellerindustrie aus der Schweiz, Deutschland und Österreich zum Thema „Nachhaltige Unternehmensführung“ in einer Online-Untersuchung befragt. Die Stichprobe zeichnet sich durch einen knapp 50-prozentigen Anteil von Geschäftsführungsmitgliedern und einer hohen Beteiligung von Managern aus dem Kader aus. Ausgewählte Fragen sind mit einer weltweiten Befragung des MIT Sloan Management Review vergleichbar und zeigen somit die Besonderheiten im deutschsprachigen Markt auf.

Nachhaltige Unternehmensführung wird zum Hygienefaktor

Nur 14 Prozent der befragten Manager sind der Meinung, dass nachhaltige Unternehmensführung (NUF) ein Modethema sei, welches aufgrund der Schnelllebigkeit der Märkte nicht über längere Zeit hinweg gewinnen kann. Es zeigt sich somit, dass NUF kein temporäres Modethema ist. 76 Prozent der Manager halten ferner eine nachhaltige Unternehmensführung für notwendig, um wettbewerbsfähig zu sein. Weitere 16 Prozent sehen zwar im Moment keine Notwendigkeit, aber gehen von einer steigenden Relevanz in den kommenden Jahren aus. Aus Managementsicht hat sich die Aufmerksamkeit erfolgreicher Unternehmen, insbesondere für die ökologische Dimension einer nachhaltigen Unternehmensführung, in den letzten fünf Jahren verändert. Aber auch die Aufmerksamkeit für die soziale und ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit ist für mehr als die Hälfte der befragten Manager in den vergangenen Jahren gestiegen.
Eine nachhaltige Unternehmensführung ist keinesfalls eine Kür für einzelne Unternehmen, sondern ist für alle relevant. NUF setzt keine finanzielle Stärke voraus. Nur 15 Prozent der Manager vertreten die These, dass sich eine nachhaltige Unternehmensführung nur die Unternehmen leisten können, die finanziell gut situiert sind.

Nachhaltige Unternehmensführung kann die Profitabilität steigern

Nachhaltiges Management ist nicht zwingend ein reiner Kostentreiber. Es kann sogar die Profitabilität steigern. Auf die Frage, wie sich die Aktivitäten und Programme einer nachhaltigen Unternehmensführung bisher auf die Profitabilität ausgewirkt haben, geben ein Drittel der Manager an, dass der Profit gesteigert wurde. Etwa die Hälfte der befragten Manager sieht bis anhin keine Auswirkung auf den Profit oder ist sich nicht sicher. Dies deutet auch darauf hin, dass es sehr schwer ist, den Erfolg von Nachhaltigkeitsprogrammen zu quantifizieren. Im internationalen Vergleich kommt das MIT zu ähnlichen Resultaten.

Nachhaltige Unternehmensführung hängt vom Chef ab

Nachhaltige Unternehmensführung steht und fällt mit dem CEO bzw. Geschäftsführer. Nur wenn dieser daran glaubt, kann eine nachhaltige Unternehmensführung gelingen. Fast 90 Prozent der befragten Manager sind der Meinung, dass nachhaltige Unternehmensführung vom Einsatz des Geschäftsführers abhängt.
Ein klares Bekenntnis des CEOs zur Nachhaltigkeit ist ferner die relevanteste Maßnahme zur Umsetzung einer nachhaltigen Unternehmensführung im Handel. Es braucht eine gemeinsame Denkhaltung aller Mitarbeiter, die durch den Chef unterstützt und gefördert wird. Der Weitblick und die Überzeugung des Managements sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine nachhaltige Unternehmensführung. Weniger wichtig sind hingegen Anreizsysteme für Manager. Auch die Verknüpfung nachhaltiger Ziele mit finanziellen Incentives sowie mitarbeiterbezogene KPIs zur Nachhaltigkeit sind weniger beliebte Maßnahmen zur Umsetzung einer nachhaltigen Unternehmensführung.

Langfristige Visionen statt steigende Aktienkurse als Nachhaltigkeitsindikatoren

Auf die Frage, woran Top-Manager Unternehmen mit einer nachhaltigen Unternehmensführung erkennen, geben über 95 Prozent langfristige Visionen sowie eine hohe Kunden- wie Mitarbeiterzufriedenheit an. Auch Umsatz- und Gewinnsteigerungen spiegeln für ca. drei Viertel der Manager eine nachhaltige Unternehmensführung wider. Weniger gute Indikatoren sind hingegen ein ausführliches CSR-Reporting, die Expansionsaktivitäten und ein steigender Aktienkurs. Auf die offene Frage, wo die Fehler von erfolglosen Wettbewerbern in den vergangenen Jahren lagen, nennen die meisten Manager ein zu kurzfristiges Denken. Auch der Fokus auf finanzielle Kennzahlen und eine fehlende Kundenorientierung führen viele Manager als Fehler an.
Insgesamt wird deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit aus Managementsicht in den vergangenen Jahren deutlich wichtiger geworden ist. Nachhaltige Unternehmensführung wird zum Hygienefaktor im Zeitalter der Informationsgesellschaft. Eine nachhaltige Unternehmensführung ist jedoch kein Rezeptbuch, es handelt sich um ein normatives Denkmodell, welches jedes Unternehmen situativ für sich durchdeklinieren muss. Ziel sollte es sein, den langfristigen Wettbewerbsvorteil in Unternehmen zu stärken. Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich durch eine klare Vision und eine nachhaltige Denkhaltung der Geschäftsführung aus.

6. St.Galler Handelstag

Am 25. März 2014 fand der St.Galler Handelstag an der Universität St.Gallen statt. Dieser wird alle zwei Jahre vom Forschungszentrum für Handelsmanagement unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Rudolph durchgeführt. Rund 200 Entscheidungsträger aus Industrie, Handel und Wissenschaft der D-A-CH-Region kamen nach St.Gallen, um sich mit dem Tagungsthema „nachhaltige Unternehmensführung“ auseinanderzusetzen und in Networking-Sessions untereinander auszutauschen. In Vorträgen und interaktiven Diskussionen haben die Teilnehmer erarbeitet, was Unternehmen heutzutage berücksichtigen müssen, um wandlungsfähig und nachhaltig erfolgreich zu sein.

Prof. Dr. Thomas Rudolph eröffnete das fokussierte Programm mit einer Key-Note- Speech zur nachhaltigen Unternehmensführung im 21. Jahrhundert. Hierbei stellte er die neuesten Forschungsergebnisse zu diesem Thema vor. Zudem referierten Herbert Bolliger, CEO des Migros-Genossenschafts-Bunds, Prof. Götz Werner, Gründer von dm-drogerie markt, und Lovro Mandac, CEO der Galeria Kaufhof. Die Unternehmen sind seit Jahrzehnten erfolgreich. So wurde die Migros auch in der aktuellen Top-Management-Befragung des Forschungszentrums für Handelsmanagement als Best-Practice-Beispiel für nachhaltige Unternehmensführung in der Schweiz und mit deutlichem Vorsprung vor Coop genannt. Schon Gottlieb Duttweiler, der Gründer der Migros, war ein Pionier im Bereich der Nachhaltigkeit und vertrat bereits 1959 die These: „Je größer eine Unternehmung ist, desto größer ihre Verpflichtung (…), sich über geschäftliche Aspekte hinaus hinsichtlich der Lösung von Problemen der Menschheit zu engagieren.“ Herbert Bolliger stellte in seinem Referat eindrucksvoll vor, wie es der Migros mit dem Programm „Generation M“ gelingt, ihre Position als nachhaltigste Detailhändlerin zu stärken. Auch dm-drogerie markt hat den Aspekt der Nachhaltigkeit fest in der Unternehmensphilosophie verankert. Prof. Götz W. Werner fordert, dass Unternehmen stärker nach dem Know-why statt nur dem Know-how fragen. Er vertritt die These: „Alles, was wir machen, hat stets den Menschen zum Ziel.“ Kaufhof hat sich in den vergangenen zehn Jahren vom Sorgenkind zur Ertragsperle im Metro-Konzern entwickelt. Für Herrn Mandac ist „das größte Gut der Mensch“, dessen Bedürfnisse es zu befriedigen gilt. Dies erreicht der CEO der Galeria Kaufhof durch die Adaption des Warenangebots in den einzelnen Warenhäusern an lokale Kundenwünsche, eine systematische Fokussierung auf die Kernkundschaft und strategische Sortimentsreduktionen. Auch für die Zukunft sieht Herr Mandac nachhaltige Erfolgschancen für den Betriebstyp Warenhaus; sowohl offline wie online. Die Besucher des St.Galler Handelstags schätzten das kompakte Kongressformat, die inspirierenden Vorträge und die intensive Möglichkeit zum Networking für Hersteller und Händler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der nächste Handelstag ist für das Frühjahr 2016 geplant. Anfang 2015 findet der St.Galler Internettag statt.

Weitere Informationen zu Forschungsaktivitäten, Veranstaltungen und Seminaren des Forschungszentrums für Handelsmanagement unter: www.irm.unisg.ch

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Autorin(nen) / Autor(en):
Leiter Kompetenzzentrum
Forschungszentrum f. Handelsmanagement, Universität St.Gallen
Direktor des Forschungszentrums für Handelsmanagement
Universität St.Gallen