"Das Beste aus Online und Offline zusammenbringen“

"Das Beste aus Online und Offline zusammenbringen“

Interview Das Print-Mailing ist inzwischen beinahe nahtlos in den digitalen Marketingmix integriert. Dirk Görtz, Vice President Dialogmarketing bei der Deutschen Post, erklärt, warum das für den Kundendialog wichtig ist und inwiefern Werbetreibende und Konsumenten davon profitieren.

Herr Görtz, Sie haben maßgeblich daran mitgearbeitet, das physische Print-Mailing in die Marketing-Automatisierung zu integrieren. Würden Sie sagen: Mission erfolgreich gelungen?
Ja. Bei der Integration von Print-Mailings in Marketing- Automation-Systeme sind wir einen großen Schritt weitergekommen. Mithilfe einer einfach und intuitiv zu bedienenden Benutzeroberfläche können Werbetreibende dort ihre Print-Mailing-Kampagne anlegen und in verschiedenen Individualisierungsstufen konfigurieren. Sie können Werbesendungen regelbasiert und automatisiert aussteuern und mit anderen Marketingkanälen koordinieren. 19 Partner haben inzwischen das Print-Mailing über offene Schnittstellen in ihre Marketing-Automation integriert. Aber wir sind offen für weitere Partnerschaften. Insofern würde ich sagen: Mission erfolgreich gestartet – aber noch nicht abgeschlossen.

Sie haben kürzlich gesagt, das Buchen von Print- Mailings solle so einfach sein wie das Buchen von Google-Kampagnen. Sind wir hier so weit?
Auch diese Mission ist gelungen. Sie können heute Ihre Print-Mailing-Kampagne einfach online konfigurieren und buchen. Das geht über sogenannte Web-to- Print-Lösungen. Die Deutsche Post bietet dafür eine Buchungsplattform, die Werbetreibende einfach durch den Prozess führt – inklusive Adress-Check. Über offene Schnittstellen haben wir auch hier verschiedene Partner angebunden. Das heißt: Einige Online-Druckereien bieten die Möglichkeit, aus ihrem System heraus eine Print-Mailing-Kampagne zu starten.

Wenn Sie mit Werbekunden und Mediaagenturen sprechen: Ist dort bekannt, dass Print-Mailings inzwischen automatisiert abgewickelt werden können?
Viele haben das schon verstanden. Aber es ist sicher neu, dass ein klassischer Print-Kanal so komplett in die Marketing-Automation integriert ist. Das Medium funktioniert heute anders. Das Print-Mailing ist inzwischen ein digitaler Werbekanal mit Offline- Output. Und das ist besonders für performanceorientierte Dienstleister oder Werbetreibende oft immer noch ungewohnt.

Die jüngste Dialogpost-Studie hat die Wirksamkeit gedruckter Mailings untersucht. Der klassische Werbebrief schneidet darin besonders gut ab. Woran liegt das?
Das Ergebnis hat uns überrascht. Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass der klassische Brief im Vergleich zu den anderen Formaten noch wertiger wirkt. Interessanterweise besonders dann, wenn der Umschlag nicht zu stark gebrandet ist. Das strahlt offensichtlich Seriosität aus.

Welche Ergebnisse sind für Sie sonst noch bemerkenswert?
Vor allem zwei: Erstens erzielen wir bislang mit jeder neuen Ausgabe der Studie eine höhere durchschnittliche Conversion-Rate. Das ist ein Beleg dafür, wie stark die Impulskraft des Print-Mailings ist. Zweitens: Es hat sich wieder bestätigt, wie lange Werbesendungen in einem Haushalt vorliegen. Ein knappes halbes Jahr nach dem Versand erfolgen immer noch Bestellungen. Das zeigt, dass Print-Mailings als wertig empfunden werden, wenn Angebot und Gestaltung passen. Darum heben Menschen sie bei sich Zuhause auf.

Die Zahl der programmatisch gebuchten Werbung nimmt Jahr für Jahr zu. Was bedeutet diese Entwicklung für das Print-Mailing? Wird der Stellenwert innerhalb des Mediamix wachsen?
Diese Entwicklung hat uns zunächst vor eine Herausforderung gestellt. Wir mussten dafür sorgen, dass das physische Mailing „Part of the Game“ wird. Inzwischen lässt es sich mittels Plattformen versenden, über die Programmatic-Advertising-Kampagnen gebucht und ausgesteuert werden – entweder als reine Print- Mailing-Kampagne oder in Kombination mit Performance- Display. Sehr spannend ist auch die Variante des Offline-Retargetings. Außerdem ist es möglich, Mailings über Marketing-Automation-Systeme datengetrieben, vollautomatisiert und dynamisch zu individualisieren und zu versenden. Das Print-Mailing ist also Teil der digitalen Anstoßkette – und oft effizienter einsetzbar als digitale Kanäle. Hinzu kommt eine wichtige Tatsache: Das Leben der Konsumenten findet nicht nur online statt. Wir haben auch offline noch viele Berührungspunkte mit Marken – und manche klassischen Offline-Kontakte wirken nachhaltiger als die digitale Ansprache.

Dennoch: Die Zahl der Werbekanäle wächst unaufhaltsam. Von TikTok hat beispielsweise vor zwei Jahren noch keiner gesprochen. Wird es nicht immer schwieriger für einen Werbungtreibenden, mit seiner Botschaft bei seiner Zielgruppe anzukommen?
Das stimmt. Einzelne Medien schaffen es immer seltener, eine signifikante Reichweite aufzubauen. Früher teilten sich zwei TV-Sender das Samstagabend- Publikum, heute sind sie froh, wenn sie Marktanteile über 10 Prozent erzielen. Zielgruppen verteilen sich auf immer mehr Kanäle – und Werbetreibende brauchen ausgeklügelte Strategien, um sie zu erreichen. Das Print-Mailing hat da insofern ein Alleinstellungsmerkmal, als die Aufmerksamkeit im Briefkasten nahezu ungeteilt ist. Und einen Briefkasten haben alle.

Viel wird inzwischen auch über Künstliche Intelligenz gesprochen. Was meinen Sie: Wo hat KI das Potenzial, das Dialogmarketing entscheidend zu verändern?
Sie kann den Kundendialog heute schon verändern, und zwar über die Marketing-Automation. Daten und Kundeninformationen stehen in einer ganz anderen Tiefe zur Verfügung als noch vor wenigen Jahren. Diese werden im modernen Dialogmarketing in Echtzeit analysiert und dem System zur Aussteuerung von Kampagnen zur Verfügung gestellt. Gemeint ist in diesem Zusammenhang eher eine Form von maschinellem Lernen, bei dem Computer so programmiert werden, dass sie User-Verhalten analysieren und Muster erkennen. Auf dieser Basis können sie nach vorher festgelegten Regeln Handlungsempfehlungen oder weiterführende Erkenntnisse ableiten. Zum Beispiel, ob jemand kurz davorsteht, bei einer Shopping- Plattform nicht mehr zu bestellen. Künstliche Intelligenz macht das Dialogmarketing noch effizienter und genauer, ermöglicht überhaupt erst viele Leistungen der Marketing-Automation.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen in diesem Jahr?
Die Corona-Pandemie hat unsere Welt verändert: Mediennutzung, Konsumverhalten und Einstellungen der Menschen einerseits, aber auch die Prozesse in der Wirtschaft. Stichwort Digitalisierung. Unsere Aufgabe wird es sein, immer wieder daran zu erinnern, dass Menschen nicht nur virtuell verbunden sein wollen, sondern die reale Begegnung, das echte Erleben suchen. Und das steht nicht im Widerspruch zu effizientem, datengetriebenem Marketing – sondern lässt sich gut damit verbinden. Es geht darum, das Beste aus Online und Offline zusammenzubringen und den Kundendialog immer weiter zu verbessern.