Les Enfants Sauvages

Les Enfants Sauvages

Brandbuilding Vor rund 20 Jahren entschlossen sich Nikolaus und Carolin Bantlin, mit ihren zwei Kleinkindern von Deutschland nach Frankreich zu ziehen, um ihren Lebenstraum zu verwirklichen: Aufbau und Führung eines Weingutes nördlich von Perpignan in unmittelbarer Nähe zum Mittelmeer. Der im eigentlichen Sinn des Wortes steinige Weg hat sich gelohnt. Heute sind die Gewächse der Domaine Les Enfants Sauvages bei Kennern wie in der gehobenen Gastronomie mehr als gefragt.

Dieser Moment der Selbstüberraschung, das Prickelnde mit dem Beigeschmack von kreativer Nervosität, das anfangs einsame Hin- und Hergeworfen-Sein zwischen Herz und Verstand, Gefühl und Vernunft, wer kennt ihn nicht, wie er sich anpirscht im Gewand des ernsthaften Abwägens, den Urlaubsort zur neuen Bleibe zu verwandeln? Es ist das rauschhafte Aufleuchten einer Idee, die mögliche Folge eines schon lange vorhandenen Bedürfnisses nach Wirklichkeit von bisher Erträumtem. So spricht das Herz.
Dann beginnt das Ping-Pong- Spiel des Binnenlebens. Der Verstand als korrektiv-rationaler Schutzmechanismus bedient sich der Vernunft mit all den schlagkräftigen Argumenten wie Bestandserhaltung, Sicherheit, Prävention und vor allem Risikovermeidung. Ein herber Rückschlag für die sich gerade bildende Traumwelt aus dem zarten Geflecht von Romantik, Wein und dem Luxus der Zivilisationsmüdigkeit. Das Herz gibt sich nicht geschlagen. Um seiner anhaftenden Irrationalität vorzubeugen, bedient es sich der Waffen des Feindes. Es fallen Worte wie Wohlergehen statt Wohlstand, überhaupt eine neue Definition des Warenkorbes, Wertschätzungskreislauf statt Wertschöpfungskette und das Bruttosozialprodukt geschrumpft zum manipulativ- ökonomischen Narrativ. Wo bleiben da die Lebenswerte wie Glück, Selbstwirksamkeit, Sinn, Leidenschaft? So weit die Argumente des Herzens. Langsam meldet sich das Bedürfnis zum inneren Ausgleich, das dialektische Ruhekissen, unsere gesellschaftspolitische Erziehung zum Kompromiss. Es beginnt die innere Mehrheitsfindung. Deren konstituives Moment war dann die Übereinstimmung mit meiner Frau, das Sich- Nicht-Gegenseitig- Überzeugen-Müssen, das Vertrauen in ein Leben Rücken an Rücken.

Startbilanz mit geringer Überzeugungskraft

Unsere Startbilanz hatte für den Großteil des sozialen Umfeldes eine geringe bis gar keine Überzeugungskraft: auf der einen Seite ein zu vernachlässigendes Startkapital, fremdes Land, fremde Sprache, ein völlig unbekannter Beruf und die damit zusammenhängenden Begleiterscheinungen wie technisches Neuland, em- pirische Organisationsmechanismen und Marktahnungslosigkeit. Auf der anderen Seite Abenteuer mit offenem Ausgang, romantische Lebensintensivierung, Gottvertrauen und das alles unter südfranzösischem Licht! Welche Schwiegereltern beginnen da einen freudig zustimmenden Veitstanz? Von deren Seite dann die berechtigten Fragen nach dem Verbleib und der Entwicklungsmöglichkeit unserer beiden kleinen Kinder, Finanzierbarkeit des Vorhabens, Zukunftsgarantien (was für ein Wort!), die plötzliche räumliche Distanz zu Freunden und Familie, eine zugige Baustelle als Wohnsitz. ... Die Liste des besorgten Pragmatismus ließe sich fortsetzen.

Gemisch aus Leistung und Glück

Jetzt und heute 2019 ist die Situation ein gelebter Wunschtraum; die Erfüllung im Rücken und vor sich eine überschaubare Reihe verbleibender, unaufdringlicher Sehnsüchte. Das entspannte Betrachten eines spannenden Mehrteilers, dessen vorläufiges Ende man kennt. Jedoch jene erhoffte Erfüllung war die Kulmination unterschiedlichster Faktoren und Parameter, mit anderen Worten ein Gemisch aus Leistung und Glück.

Ausgangspunkt des wirtschaftlichen Erfolges war und ist die biologisch-dynamische Landbewirtschaftung

Grundlage und damit auch Ausgangspunkt des wirtschaftlichen Erfolges war und ist für uns die biologisch- dynamische Landbewirtschaftung. Sie befähigt den Boden zu einem Höchstmaß an Informations- und Kräfteaustausch, was sich im Produkt Wein als Authentizität, als spezifische Geruchsund Geschmackswelt, offenbart; die Goldader jedes Weinkenners und -liebhabers. Meine Frau absolvierte 2003 eine Ausbildung in Önologie in Kombination eines einjährigen Praktikums im Keller eines Winzers unserer Wahl. Der Grundstein einer fehlerfreien Vinifizierung. Somit hatten wir als Landwirt und Kellermeister schon zwei neue Berufe, der dritte lauerte im Verkauf. Unsere Marketingstrategie basierte anfänglich auf der Qualität des Produktes; unser Betrieb blickte weder auf eine lange Tradition noch einen großen Namen zurück, was in der Weinwelt ja irrtümlicherweise oft mit Qualität gleichgesetzt wird; auch ein lockendes Thema umfangreicher Texte.

Aufbau des Netzwerkes dauerte circa zehn Jahre

Nach diversen Verkostungen wurden wir zu entsprechenden professionellen Messen eingeladen, wurden Mitglied und knüpften dort die Kontakte zu unseren Einkäufern. Der Aufbau dieses Netzwerkes dauerte circa zehn Jahre, wovon die Anfangsjahre finanziell mit enormen Einschränkungen verbunden waren: Jeder Cent war investiert in Weinland und Immobilien, teilweise finanziert über Kredite, ohne gleichzeitige Einnahmen, auf Grund des noch nicht vorhandenen Absatzmarktes. Es war und blieb „spannend“. In solch einer Situation strahlen Freundschaften und Familienteile mit ihrer Zuneigung und Vertrauen in einem ganz besonderen Licht. Soweit nur annähernd zu den Fakten. Mit den Parametern verhält es sich bekanntlich anders. Sie sind ja eine veränderliche Größe, die außerhalb des betrachteten Objekts liegen, von der dieses abhängig ist. Manche bezeichnen es, was der Sache näher kommt, als höhere Gewalt; im Speziellen bezüglich der Landwirtschaft ein naheliegendes Beispiel: das Wetter. Im Allgemeinen das Wohlwollen des Schicksals; im richtigen Moment, am richtigen Ort einen in diesem räumlich-zeitlichen Kontext wichtigen Menschen zu treff en. Denn auch die Weinwelt ist eine Wirtschaftswelt und damit eine Beziehungswelt. Diese Gegebenheiten sind nur bedingt beeinfl ussbar, deren Risikofaktor durch schon oben erwähntes Gottvertrauen abzumildern möglich ist.

Wiederaufgreifen von längst Vorhandenem

Grundlage der menschlichen Existenz ist eine intakte Natur. Eine einfache, selten jedoch ausreichende Erkenntnis, ihr den entsprechenden Respekt entgegenzubringen. Bezüglich der Landwirtschaft bedarf dies einer Bearbeitungsform, die möglichst keine schädigenden Spuren hinterlässt, das heißt ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem, was man nimmt und gibt; ein Kennen und Beachten möglichst vieler irdischer und kosmischer Zusammenhänge. Im Weinbau definiert sich das Geben in erster Linie durch das Brechen der Monokultur und das Schaffen eines lebenden Bodens: keine zu großen Felder, Belassen beziehungsweise Ersetzen der Pflanzenvielfalt, die einen entsprechenden Artenreichtum an Tieren zur Folge hat, mit Vernunft düngen, intensive Pflege der Mikro- und Makroorganismen; kurz: die maximale Integration der Kulturpflanze Wein in einen natürlichen Biokreislauf.

Dies bewirkt die größtmögliche natürliche Widerstandskraft der Rebe, ohne Einsatz chemischer Produkte. Dieser Verzicht zieht natürlich die entsprechende Handarbeit nach sich. Beispielsweise Hack- oder Sägearbeiten und die Behandlung jedes Weinstocks mit selbst hergestellten Präparaten beispielsweise aus Brennessel, Kamille oder Schachtelhalm. Um eine maximale Konzentration der Aromen und den Ausdruck des Terroirs zu erzielen, bedarf es weiterer individueller Maßnahmen an der Weinpflanze: Entfernen unnötiger Triebe, Blätter und Grappillons; bei entsprechenden Sorten (Mourvèdre) das Reduzieren der Traubenanzahl. Alle diese Arbeiten sind keine Neuerfindung, sondern ein Wiederaufgreifen von längst Vorhandenem. Im Zuge der Verwendung von Pestiziden, Mechanisierung und des Komfortanspruchs wurden diese jedoch vermieden und gerieten nahezu in Vergessenheit. Wobei gerade sie anerkanntermaßen, für den Winzer mit Qualitätsanspruch, unumgänglich sind. Diese Aktionsbeziehungsweise Reaktionskette setzt sich im Keller fort. Wir nutzen ebenso die Mittel der modernen Önologie, aber nur zur Überwachung, um einzugreifen, falls dies uns nötig erscheint, oder zur Unterstützung der biochemischen Abläufe. Nach Möglichkeit lassen wir der Natur ihren Lauf. Das Resultat ist ein Wein, der als Medium menschlichen und natürlichen Einflüssen spezifischen Ausdruck zu verleihen vermag.

Fakten – Domaine Les Enfants Sauvages

Unser Weinberg befi ndet sich rund 30 km nördlich von Perpignan, Luftlinie etwa 5 km vom Mittelmeer entfernt, auf 150 m ü.N.N. Alle Weinfelder sind in zwei abgeschlossenen Parzellen zusammengefasst, die inmitten der Garrigue liegen. Wir sind daher frei von Fremdeinfl üssen, seien es Spritzmittel oder Krankheiten. Vielmehr sind die Weinberge umgeben von Mandel-, Feigen- und Olivenbäumen sowie den typischen Aromapfl anzen der Garrigue – Thymian und Rosmarin.
Alle Reben sind in traditioneller Gobeleterziehung. Unser Terroir befi ndet sich auf Kalkböden. Die Größe des Weinguts beträgt 12 ha, die Anbaufl äche liegt derzeit bei ca. 8 ha. Wir ernten manuell in kleinen Erntekisten, um die Trauben möglichst nicht zu beschädigen. Das Lesegut wird in kleinen Chargen in den Keller transportiert und dort sofort verarbeitet.

Rebsorten rot
Carignan 35 + 80 Jahre alt
Grenache noir 50 Jahre alt
Mourvèdre 25 Jahre alt
Syrah 10 Jahre alt
Cinsault  
 
Rebsorten weiß
Grenache blanc + gris 85 Jahre alt
Maccabeu 85 Jahre alt
Carignan blanc 5 Jahre alt
Muscat 15 Jahre alt
Vermentino 10 Jahre alt
Wein kreieren, den es nirgendwo anders gibt

Ist das Leben ein Plot? Besteht es „nur“ im Homo Faberschen Sinne aus einer Aneinanderreihung von Ereignissen, der Zufall als Bindemittel? Oder ist die Lebenslinie doch ein steter Akt des Zufallens, die Rahmenbedingung einer Bestimmung? Dieser innere Dialog ist eine Art, mit Risiko umzugehen; und Risiken sind der größte Teil im Gepäck des Protagonisten. In dessen Fahrwasser schafft man sich so auch seine eigene Realität, ein Schutzfilter gegen latente Einfl üsse wie Mode, Komfort und Technik. Sie sind wesentlicher Bestandteil der ökonomischen Wirklichkeit, nur über das Maß ihrer Anwendung, ihre produktbezogene Dosierung sollte man nachdenken. Gerade im Weinkeller ein essenzieller Baustein der ebenfalls schon erwähnten Authentizität. Die Hauptmotivation des ambitionierten Winzers ist, einen Wein zu kreieren, den es nirgendwo anders gibt. Das ist das Ziel, und das ist sein Ringen. Eben dieser Wein entsteht nur auf diesem einzigartigen Terroir, und auch wenn er nicht jedem schmeckt, ist das eher ein Zeichen seiner Güte.

Verbesserung aller natürlichen Prozesse auf dem Weinland

Das Land, der Boden, die Natur, das sind die Gestalter der Trauben, in ihnen konzentriert sich deren Sprache. Daher liegt die für uns umfangreichste, intensivste Aufgabe als Winzer in der Unterstützung und Verbesserung aller natürlichen Prozesse auf dem Weinland. Die Kellerarbeit halten wir so einfach wie möglich, was natürlich den Verzicht „önologischer Gestaltungsmöglichkeiten“ beinhaltet. Während der Gärprozesse und des Ausbaues gewähren wir den Entwicklungsmöglichkeiten des Traubensaftes, beziehungsweise des Weines, ein Maximum an Freiheit. Jedoch Freiheit wird nur im Rahmen bestimmter Bedingungen, einhegender Regeln, ihrer Bestimmung gerecht.
Es ist wie mit einem wilden Kind, dessen eigene, freie, ungebundene Welt es zu erhalten gilt, jedoch mit einer werteorientierten Richtung, die eben diese Freiheit als normative Größe garantiert. Daher der Name der Domaine: „Les Enfants Sauvages“.

Produkte
  • Enfant sauvage
    Vin de Pays des Côtes Catalanes, rouge 60% Carignan, 30% Grenache noir 10% Mourvèdre, vinifiziert und ausgebaut im Betontank

    Produktion ca. 5000 Flaschen
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  • Roi des Lézards
    Vin de Pays des Côtes Catalanes, rouge 100% Carignan, vinifiziert und ausgebaut im Eichenfuder (18 hl Stockinger) + 2 x 500l Boutes demi-muid

    Produktion ca. 3500 Flaschen
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  • Cool Moon
    Vin de Pays des Côtes Catalanes, blanc 40% Grenache blanc 40% Grenache gris 10% Maccabeu, 10% Vermentino, vinifiziert und ausgebaut im Eichen- und Akazien- fuder (12 hl Stockinger) und Barriques

    Produktion ca. 5000 Flaschen
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  • Bouche Bée
    Vin de Pays Côtes Catalanes, rouge 100% Mourvèdre Ca. 50% Direktpressung, der Rest als Ganzbeerenvermaischung im gärenden Most. Ganz ähnlich wie Ché Chauvio, allerdings mit der typischen Würzigkeit des Mourvèdre

    Produktion ca. 2000 Flaschen
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  • Sitting Bull(es)
    Pétilant Naturel 100% Muscat petits grains Direktpressung, vinifiziert in Edelstahl

    Produktion ca. 1500 Flaschen
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  • Ché Chauvio
    Vin de Pays Côtes Catalanes, rouge 50% Syrah, 50 % Cinsault Syrah Direktpressung, Cinsault als Ganzbeerenvermaischung im gärenden Syrah, vinifiziert und ausgebaut im Edelstahl, fruchtiger leichter Sommerwein, ohne dominierende Tanninstruktur

    Produktion ca. 7500 Flaschen
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  • Noces de Lumière
    Vin de Pays des Côtes Catalanes, rouge 100% Mourvèdre, vinifiziert und 18 Monate ausgebaut im Eichenfasss (600 l Stockinger) und kleiner Amphore (225 l)

    Produktion ca. 800 Flaschen
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  • Muscat (50cl)
    Vin doux naturel Muscat de Rivesaltes 100% Muscat petits grains Direktpressung, vinifiziert in Edelstahl
    Produktion ca. 3000 Flaschen
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  • Most
    Ganz ähnlich wie Ché Chauvio, allerdings mit der typischen Würzigkeit des Mourvèdre

    Produktion ca. 2000 Flaschen

Alle Weine werden ohne Zugabe von Reinzuchthefen, Enzymen, Säuren, Farb- und Aromastoffen vinifiziert. Ebenso verzichten wir auf Collagen und Filtern; nur, wenn erforderlich, direkt vor der Abfüllung. Der einzige Zusatzstoff in unseren Weinen ist Sulfit, und auch dies in minimalster Dosis.

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Autorin(nen) / Autor(en):
Mitgründer und Geschäftsführer
Domaine Les Enfants Sauvages