Mit Geomarketing Marktpotenziale erkennen und nutzen

Mit Geomarketing Marktpotenziale erkennen und nutzen

Wo sitzt mein Kunde? Wie groß ist der Markt in Polen? Ist das Händlernetz ausreichend? Wie hoch ist der aktuelle Umsatz pro möglichem Käufer in Frankreich? Wer sich im Vertrieb mit diesen Fragen beschäftigt, kommt um Geomarketing fast nicht herum. Die Verbindung von Geografie und Marketing
zeigt durch verständliche Karten, wo Umsatzpotenziale liegen. Der Trend zur Visualisierung ist nicht neu – dank immer besserer Software und immer günstigeren Rechnersystemen lohnt sich „die dritte Dimension des Marketings“ auch für Mittelständler. Das beweisen die Erfahrungen des schwäbischen Elektrowerkzeugherstellers FEIN.

Jeder Computernutzer kann von zuhause aus eine Häuserzeile in Kapstadt in guter Auflösung anschauen oder die Eisenstreben des Eiffelturms betrachten. Möglich macht das Google Earth, ein leistungsfähiges Tool des Suchmaschinenanbieters – und wahrscheinlich das bekannteste Beispiel für ein Geografisches Informationssystem, kurz GIS. Auch Geomarketing baut auf GIS auf. Während früher endlose Excel-Tabellen über Vertriebspotenziale und Umsatzzahlen ausgewertet wurden oder Stecknadeln Landkarten zierten, verknüpft Geomarketing Marktdaten mit internen Unternehmensdaten und stellt diese übersichtlich auf Landkarten dar. Geomarketing hilft, das Wissen über Märkte, wie Zielgruppen-, Wirtschaftsoder Raumdaten, zu analysieren und mit internem Wissen über Kunden, Händler oder Umsätze zu paaren und so gezielt Marktpotenziale aufzudecken.


Marktkompetenz als entscheidender Wettbewerbsfaktor

Geomarketing liefert wichtige Anhaltspunkte für die zielgruppengerechte Kundenansprache und damit eine höchstmögliche Effizienz in der Marktbearbeitung. Märkte können sinnvoller segmentiert, Vertriebsnetze genauer zugeschnitten und aktuelle sowie potenzielle Märkte gezielter geplant und gesteuert werden. Die Methode kann sowohl helfen, vorhandene wichtige Märkte zu optimieren als auch neue Märkte zu erschließen. Und nicht zuletzt kann Geomarketing auch dafür sorgen, den Mitgliedern eines bestehenden Händlernetzes zu zeigen, wo genau sich ihre potenziellen Endkunden befinden. Diese Marktkompetenz besitzt heutzutage mindestens den gleichen Stellenwert wie eine starke Entwicklungsund Produktkompetenz. Selbst die erst vor zwanzig Jahren vom Kommunismus zum Kapitalismus gewandelten Staaten Osteuropas (siehe Beispiel Polen unten) sind längst zu Käufermärkten geworden. Wichtig beim Einsatz von Geomarketing ist, dass die Visualisierung der Umsatzpotenziale in den relevanten Zielgruppen nicht das Ende des Prozesses ist, sondern der Anfang. Wenn die Potenziale und deren Verteilung bekannt sind, beginnt erst die Arbeit in der Vertriebssteuerung und Endkundenansprache. Geomarketing ist also kein Managementinformationssystem, sondern die Basis für die Verbesserung der Vertriebssteuerung und der Marktbearbeitung.
Kaum ein anderes Vertriebsinstrument zeigt regionale Marktpotenziale so verständlich auf wie Geomarketing. Wem es gelingt, dieses Wissen in die tägliche Vertriebsarbeit einfl ießen zu lassen, wird im Controlling feststellen, dass der Umsatz durch Geomarketing spürbar steigen kann. Das funktioniert auch bei einem Elektrowerkzeughersteller mit indirektem Vertrieb wie der C. & E. FEIN GmbH.


Die C. & e. FeiN GmbH – traditionsunternehmen mit Weltruf

Die Geschichte von FEIN ist seit der Gründung 1867 von schwäbischem Erfi ndergeist geprägt. Bei FEIN wurde das weltweit erste Elektrowerkzeug, die erste elektrische Bohrmaschine, erfunden. Heute besitzt das Unternehmen mehr als 800 aktive Schutzrechte, darunter circa 500 Patente beziehungsweise Patentanmeldungen. FEIN entwickelt und produziert Anwendungslösungen für die drei Marktsegmente Metall, Ausbau und Automobil: qualitativ hochwertige Elektrowerkzeuge, die sich an Betriebe in Industrie und Handwerk richten. Diese Endkunden kaufen ihre Produkte im beratenden Werkzeugfachhandel.
Die internationale Geschichte der Firma begann bereits vor über 100 Jahren. Damals wurden die ersten Produkte exportiert. 1956 wurde mit FEIN France die erste ausländische Tochtergesellschaft gegründet. Insgesamt sind inzwischen 16 Töchter sowie 45 Vertretungen in weiteren Ländern entstanden, im letzten Jahrzehnt vor allem in den Wachstumsmärkten Osteuropas. Weltweit wächst der Markt für Elektrowerkzeuge jährlich um etwa drei Prozent und hat aktuell ein Gesamtvolumen von rund acht Milliarden Euro.


Wie Marketing internationale Standards setzt

FEIN entwickelt und produziert professionelle und extrem zuverlässige Elektrowerkzeuge. Neben Geomarketing haben vor allem der Aufbau einer starken und international konsistenten Unternehmensmarke sowie die enge Zusammenarbeit mit Fachhändlern für weltweites profi tables Wachstum gesorgt. FEIN unterstützt Händler durch gemeinsame Vorführrunden, Schulungen und fi nanzielle Anreize für besonders aktive Händler. Neun Markenkernwerte wurden auf der Basis einer Markenkernanalyse defi niert. Sie sind Grundlage der kompletten, am Anwender orientierten Kommunikation gegenüber den unterschiedlichen FEIN-Zielgruppen. Auch im Einsatz von Geomarketing spiegeln sich die Markenwerte wider: präzise, fachkundig und anwendernah. Tatsächlich schafft Geomarketing genau das: präzise Informationen, mit deren Hilfe der Markt kompetent eingeschätzt werden kann und so Nähe zum Anwender geschaffen wird.

CHECKLISTE GEOMARKETING

Tipps zum sinnvollen Einsatz von Geomarketing bei kleinen und mittleren Unternehmen:

  • Planen Sie vor der Einführung genau, welche Informationen wie dargestellt werden sollen. Davon hängt die Entscheidung für Daten und Softwareanbieter ab.
  • binden Sie alle Beteiligten frühzeitig ein. Dazu zählen vor allem die Datenlieferanten aus Controlling, strategischer Planung, unternehmensführung und Marktforschung
  • nehmen Sie auch Ihre Vertriebsmannschaft mit. Zeigen sie die Vorteile auf, stellen sie klar, dass Geomarketing dazu dient, den Vertrieb zu verbessern, nicht ihn zu rationalisieren.
  • verankern Sie Geomarketing fest im Unternehmen. Bestimmen sie Verantwortliche, die wissen, wie die Daten zu gewinnen und zu analysieren sind.
  • achten Sie auf vollständige und aktuelle Daten und überprüfen sie diese auf Plausibilität.
  • arbeiten Sie entlang des kompletten Managementkreislaufs. Planen Sie Maßnahmen, führen sie sie durch und vor allem: Kontrollieren sie den Erfolg von Geomarketing.


internationale Wachstumsmärkte – ideal für Geomarketing

Trotz Wachstum in fast allen FEIN-Tochtergesellschaften und Vertretungen sind die Marktanteile von FEIN außerhalb Deutschlands noch zu steigern. Für eine intensivere Marktbearbeitung und eine bessere Ausnutzung der Marktpotenziale kann Geomarketing folgende Fragen beantworten: „Wo genau sind unsere potenziellen Endkunden? Haben wir das Händlernetz für diese Kunden?“


Ziele von Geomarketing bei FEIN

Das Unternehmen setzte sich bei der Einführung von Geomarketing im Jahr 2007 neben einer Umsatzsteigerung ein weiteres wesentliches Ziel: Der Vertrieb sollte in seiner Arbeit stärker unterstützt und gesteuert werden. In entwickelten Märkten hieß das: Aufdecken, wie das bestehende Vertriebsnetz optimiert werden kann, indem man zum Beispiel besonders aktive Händler unterstützt und ihnen aufzeigt, wo es für sie noch ungenutztes Potenzial gibt. In nicht-entwickelten, potenziellen Wachstumsmärkten lag das Hauptaugenmerk darauf, das Vertriebsnetz zu entwickeln und neue Händler zu akquirieren. Natürlich sollten damit am Ende auch neue Endkunden gewonnen werden. Die Marschrichtung lautete: „Geomarketing soll bei FEIN ein Werkzeug für die regionale Analyse von Endkunden- und Händlerdaten werden.“


Die drei Bestandteile von Geomarketing bei FEIN

Die wichtigsten Grundlagen für die Durchführung von Geomarketing sind Daten aus internen und/oder externen Quellen sowie eine Software zur Auswertung und Visualisierung der Ergebnisse. Nachdem geklärt war, welche Informationen das neue Marketingtool liefern soll, kristallisierten sich Lösungen für die drei Bestandteile des Geomarketings heraus:

  • Marktdaten wurden je Marktsegment auf Postleitzahlenebene sowie nach einer spezifi schen Branchensegmentierung beschafft. Hier zeigt sich bereits eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Geomarketing: Es braucht zuverlässige, detaillierte und aktuelle Daten.
  • Interne Umsatzdaten wurden pro Händler und Marktsegment auf Postleitzahlenebene aufbereitet.
  • Die Visualisierungssoftware führt die Daten mithilfe von digitalen Landkarten übersichtlich auf Postleitzahlenebene zusammen. Diese können anschließend auch zu einer höheren regionalen Ebene, zum Beispiel Landkreise, aggregiert und visualisiert werden.

Entscheidende Kenngröße der Analyse bei FEIN wurde der Umsatz pro potenziellem Endkunden. Gebiete mit geringer Marktdurchdringung (das heißt mit vielen potenziellen Kunden, aber vergleichsweise geringen Händlerumsätzen) wurden identifi ziert.


Erfolg am Beispiel Polen

Durch den Einsatz von Geomarketing entstanden für FEIN deutlich bessere Voraussetzungen für die Erschließung noch nicht entwickelter Märkte, wie das Beispiel Polen verdeutlicht.
Das FEIN-Händlernetz in Polen befand sich 2007 noch im Aufbau. So erwirtschafteten nur wenige Fachhändler einen großen Teil des Umsatzes. Dieser Markt sollte mithilfe von Geomarketing weiter erschlossen werden.


Vorgehen

Polen ist bei FEIN in vier Verkaufsregionen eingeteilt. Die Zahl potenzieller Kunden, also der Industrie- und Handwerksbetriebe in der jeweiligen Verkaufsregion, schwankt deutlich.
Durch den Einsatz von Geomarketing konnte eine Verkaufsregion als ein aussichtsreiches Gebiet für eine nächste Stufe der Analyse bestimmt werden: Dort saßen viele potenzielle Kunden und der bisherige Umsatz pro potenziellem Kunden (Marktdurchdringung) war eher gering. Die Verkaufsregion wurde dann durch die gleiche Analyse auf einzelne Gebiete, z. B. Landkreise, und schließlich bis auf Postleitzahlenbereiche weiter heruntergebrochen.


Weiteres Vorgehen: Kontakt mit dem Endanwender

In Gebieten mit besonders geringer Marktdurchdringung (geringer Umsatz pro potenziellem Endkunden) besuchten FEIN-Mitarbeiter gezielt mögliche Endkunden. Durch Befragungen dieser Endkunden konnten zusätzliche Marktpotenziale aufgedeckt werden, die an bestehende Händler weitergeleitet wurden. In Gebieten, wo FEIN noch kein Händlernetz hatte, wurden auf Basis dieser Befragungen neue Fachhändler identifiziert und als Partnerhändler gewonnen. Wichtig dabei: Der Aufbau eines solchen Netzes qualifizierter Händler braucht einen langen Atem. Bis sich eine solche neue Händlerbeziehung für das Unternehmen auszahlt, dauert es rund drei Jahre.


Fazit – Umsatzsteigerung von rund acht Prozent

Seit 2007 setzt das Unternehmen Geomarketing in zehn Ländern ein, weitere vier pro Jahr sind geplant. Auch wenn der Prozess aufwendig ist und einige Arbeit für Qualitätssicherung und Interpretation der Daten erfordert, lohnt es sich – eben auch für ein mittleres Unternehmen im Industriegütersektor: Innerhalb eines einzigen Jahres konnte durch diese Aktivitäten in Polen eine Umsatzsteigerung von circa acht Prozent erzielt werden.

Autorin(nen) / Autor(en):
Geschäftsführer Marketing und Vertrieb
FEIN GmbH